Kanada (16.09.2014)

Dienstag, 16.09.2014

Die Nacht in Lake Louise war teilweise sehr laut, weil alle paar Stunden ein Güterzug in unmittelbarer Nähe zum Campingplatz vorbeifuhr. Und sie war kalt. Morgens mußten wir eine ganze Zeit die Heizung im Wohnmobil einschalten, damit es wieder warm wurde. Der Reisewecker zeigte 8 Grad an, aber der hatte seine Fühler ja nicht außerhalb des Wohnmobils. Draußen war es also ein ganzes Stück kälter, was wir sofort merkten, als wir die Tür öffneten. Meine Frau zog sich ihre Laufsachen an und joggte über den Campingplatz, während ich Wasser kochte, dabei die bisher gemachten Fotos auf der externen Festplatte sicherte und in den Reiseführern und Straßenkarten blätterte. Nachdem meine Frau von ihrer sportlichen Aktivität zurückkehrte, die sie aufgrund Kälte abbrechen mußte, fuhren wir die 800 m zu den Duschräumen. Ich las in der Zeit ein wenig im Reiseführer und als wir wieder am Stellplatz waren, frühstückten wir, bevor wir den Strom wieder vom Netz nahmen, den Müll entsorgten und nach einem klitzekleinen Spaziergang zum nahegelegenen Bow River über die Dump Station die Weiterreise antraten.

Heute war Banff das Fernziel. Vorher wollten wir noch zum Lake Louise und zum Moraine Lake. Wir fuhren vom Campingplatz 5 km bis zum Lake Louise und wurden an der Einfahrt zum Parkplatz kontrolliert. Es war ausgeschildert, daß man einen „Park Pass“ haben mußte, aber den hatten wir ja seit gestern und der galt noch am heutigen Tage bis 16.00 Uhr, also noch knapp vier Stunden. Wir waren ein klein wenig irritiert ob der Autokarawane und Menschenmassen auf dem Parkplatz. Ich fuhr nicht die erste Möglichkeit rechts, sondern die zweite und entdeckte zum Glück direkt einen und den einzigen freien Parkplatz. Als wir ausstiegen schien die Sonne und meine Frau meinte, ich sollte doch einen Pullover mitnehmen und die bequeme Jogginghose gegen eine Jeans eintauschen. Also wieder ins Wohnmobil, ein Sweatshirt eingepackt und in die Jeans gestiegen. Dann konnten wir endlich los. Kaum hatten wir das Ende des Parkplatzes erreicht, wollte meine bessere Hälfte doch noch eine etwas wärmere Jacke mitnehmen. Also wartete ich, während sie zum Wohnmobil zurückging. Beides irgendwie kostbare Zeit, die wir im weiteren Verlauf des Tages noch gut hätten gebrauchen können.

Nun konnten wir also wirklich los. Stop! Zu Beginn des Weges befand sich eine Toilette. Aber dann ging es endlich an den See. Und was wurde uns da für ein Ausblick geboten! Rechter Hand lag ein Hotel und vor uns der türkisgrüne Lake Louise, der aber gar nicht so türkisgrün aussah. Aber trotzdem war es ein traumhafter Anblick, wie der See da so zwischen zwei Bergen eingepfercht lag.

Als wir ein paar Fotos gemacht und uns sattgesehen hatten, gingen wir in den Wald links des Sees, wo ein Weg zu einem Aussichtspunkt führte. Ein Schild zeigte an, daß dieser 1,8 km entfernt war. Wir stapften los und stellten relativ schnell fest, daß es nur bergauf ging. Und wie es bergauf ging!

Nach etwa der Hälfte stand ein weiteres Hinweisschild und man war in dem festen Glauben, daß man es bald geschafft hätte. Aber weit gefehlt! Hinter jeder Kurve, hinter der man das Ende vermutete, ging es nochmal 50 m bis zur nächsten Kurve weiter – manchmal steiler, manchmal weniger steil, aber immer nach oben. Mittlerweile machte sich mein Rücken bemerkbar und wir fingen an zu schwitzen. Gott sei Dank hatte ich ein Sweatshirt eingepackt, das an meinem Kamerarucksack baumelte. Irgendwann nach einer gefühlten Ewigkeit waren wir endlich am „Fairview Lookout“ angekommen und wurden für alles entschädigt. Der absolute Wahnsinn! Jetzt war der Lake Louise türkisblau – und zwar so was von.

Mit uns standen noch zwei englischsprechende Frauen auf der Holzplattform und wir fotografierten uns jeweils gegenseitig, damit es auch mal Fotos zu zweit gibt. Aufgrund der Helligkeit mußten wir viel fotografieren, bis wir die richtige Einstellung gefunden hatten, damit sowohl der Vordergrund als auch der Hintergrund erkennbar waren. Aber letzten Endes hat alles geklappt.

Der Weg zurück ging ganz schön auf die Gelenke. Unsere Bärenglocken kamen erstmals zum Einsatz und bimmelten vor sich hin. Und auch hier kamen wir nach einer gefühlten Ewigkeit endlich wieder unten am Parkplatz an. Wir gingen zum Wohnmobil – nicht ohne den obligatorischen Toilettenaufenthalt. Und auf ging es zum Moraine Lake. Der Weg führte zunächst wieder ein paar Kilometer vom Lake Louise in Richtung gleichnamiger Ortschaft, bevor es dann nach rechts über 15 km zum Moraine Lake ging. Während der Fahrt bot sich teilweise ein recht ansehnlicher Blick nach links auf die Ortschaft und den Bow River, der aber – wie bislang meistens – durch Bäume verstellt war. Zwischendurch gab es immer mal ein paar Meter, wo man einen Blick erhaschen konnte. Jetzt mußte aber der See nicht mehr allzu weit entfernt sein, denn am rechten Fahrbahnrand parkten die ersten Autos. Meine Frau meinte noch, daß ich unser Wohnmobil auch dort abstellen sollte, aber ich wollte möglichst nah ran, um nicht zu viel Fußweg zu haben. Eine gute Entscheidung, wie sich nachher herausstellte. Denn als wir den Hauptparkplatz am See erreichten war dieser zwar proppevoll, aber wir entdeckten auf der gegenüberliegenden Seite RV-Parkplätze, also nur für Wohnmobile. Ein kurzer Blick nach vorne reichte, um festzustellen, daß wir einen Parkplatz finden würden, denn es gab zwei freie Wohnmobil-Parkplätze, aber vor uns kein einziges davon. Also parkten wir ein und gingen zum See.

Auch hier ein atemberaubender Anblick: Vor uns der See und dahinter die Berggipfel. Und jetzt konnte man bereits auf gleicher Höhe erkennen, daß das Wasser türkisblau schimmerte. Ich kletterte zunächst über eine paar Baumstämme und machte ein paar Fotos, ehe wir bis ans Wasser gingen und weitere Fotos machten.

Dort beobachteten wir ein paar Minuten A-Hörnchen und B-Hörnchen, wie sie ganz akkurat für Fotos posierten und anschließend immer mal wieder zwischen den Felsspalten hervorlugten. Eines kam sogar bis an meinen Fuß.

Danach ging es zum angrenzenden Souvenirshop, wo wir die Reisekasse um weitere 90 Dollar entlasteten, indem wir zwei Sweatshirts und ein paar Postkarten kauften. Meine Frau brachte anschließend die Einkäufe zum Wohnmobil und ich ging schon mal in Richtung 300 m langem Weg durch die Felslandschaft, an dessen Ende man einen etwas erhöhten Ausblick auf den Moraine Lake hatte. Und hier rächte sich ein wenig die verlorene Zeit und die falsche Tagesplanung, denn wir hätten zuerst hierhin fahren sollen. Mittlerweile stand die Sonne hoch am Himmel und direkt vor uns, so daß keine schönen Fotos zu machen waren. Beim Lake Louise hätten wir beim „Fairview Lookout“ die Sonne hinter uns gehabt. Ich war ein wenig geknickt und frustriert, denn genau diesen Ausblick wollte ich unbedingt so fotografieren, daß man ihn auf Leinwand hätten ziehen können. Und jetzt mußte ich mich der Natur geschlagen geben.

Selbst wenn wir die Zeit am Lake Louise eingespart hätten, wäre wohl auch nichts dabei herumgekommen. Schade, aber eben auch nicht zu ändern. Wir gingen zurück zum Parkplatz und setzten unsere Fahrt fort.

Zunächst ging es wieder 15 km zurück ins Örtchen, wo wir noch kurz am Visitor Centre anhielten, um einen „Park Pass“ für einen Tag zu kaufen, der uns $19.60 kostete. Ein wenig Kartenmaterial nahmen wir auch noch mit und schon waren wir wieder auf dem Highway 1. Bis nach Banff waren es knapp 60 km. In einem der Reiseführer hatte ich gelesen, daß dieses Teilstück des Highway an Schönheit kaum zu übertreffen sein sollte. Wir waren also gespannt. Und in der Tat war die Strecke sehr nett zu fahren und der Ausblick schön. Der Highway war vierspurig mit jeweils zwei Fahrspuren in jede Richtung und einem sehr breiten begrünten Mittelstreifen.

Als wir endlich Banff erreichten, steuerten wir den „Tunnel Mountain Campground“ an, wo wir einen Stellplatz für $38.20 mit Strom- und Wasseranschluß mieteten. Wir wurden darauf hingewiesen, daß wir uns vorsehen sollten, „because we have lots of animals in the park“. Insbesondere vor Elchen wurden wir gewarnt, die sehr aggressiv sein sollten. Schön, daß wir wieder einen Stellplatz am Arsch der Welt bekamen – Nummer 847 von 850, also wirklich im hinterletzten Ende des Campgrounds. Wir fuhren zu unserem Stellplatz und entschieden uns dann, doch noch einmal in die Stadt zu fahren, um uns Banff anzuschauen und etwas zu essen.

Gesagt, getan! Kaum war der Motor aus, lief er schon wieder. In Banff fanden wir einen Parkplatz für unser Wohnmobil und gingen in Richtung Banff Avenue, der Hauptstraße des kleinen Städtchens.

Hier reihte sich wirklich ein Souvenirladen an den anderen. Es gab einen Starbucks, einen McDonald’s, mehrere kleine Malls und das alles in maximal zweigeschossigen Häuschen mit den Bergen im Hintergrund. Und ich fühlte mich wieder an die Welt in der Modelleisenbahn erinnert – Miniaturwunderland in groß. Alles sah irgendwie so aus wie in einem Vergnügungspark oder wie in dem Örtchen, der im James-Bond-Film „In tödlicher Mission“ zu sehen ist. War das damals St. Moritz? Keine Ahnung. Daß kein Schnee lag, war dabei nicht mal schlimm. Man konnte sich auch so vorstellen, wie schön es hier im Winter sein würde.

Wir schlenderten über die Banff Avenue, kehrten in einem Steakhouse ein, um eine Kleinigkeit zu essen, und gingen weiter von Geschäft zu Geschäft. Mittlerweile dämmerte es schon und wir machten uns so langsam auf den Weg zu unserem Auto. Zudem wurde mir langsam mit meinem T-Shirt ein wenig frisch. Wir entdeckten noch einen Supermarkt, kauften ein paar Dinge für den täglichen Bedarf (u. a. Batterien für mein Garmin, Brot, Salat und Wasser) und fuhren zurück zum Campingplatz.

Es war schon dunkel, nachdem wir alles angeschlossen hatten. Und jetzt verzogen wir uns in unser Wohnmobil, denn die Nacht gehörte den Tieren. Ob wohl ein Bär unsere Nähe suchen würde? Oder ein Elch? Würden wir das im Camper mitbekommen? Ab und an hörte man draußen schon ein paar Geräusche, die man aber nicht unbedingt sofort zuordnen konnte. Waren das wirklich Tiere im Unterholz? Oder doch die Wasserpumpe der anderen Wohnmobile oder deren Lüftung? Denn ein paar wenige standen schon um uns herum. Wenn man aus dem Fenster blickte, sah man … nichts. So stockfinster war die Nacht mittlerweile. Ganz schön unheimlich!

zum 17.09.2014

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