New York City 2012 (Januar)

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vor Reisebeginn

Als der Gedanke geboren war, zu Beginn des Jahres erneut nach New York City zu reisen, war die Vorfreude zunächst natürlich groß, denn der eigentliche Gedanke war ja bereits unmittelbar nach der Rückkehr im vergangenen Jahr entstanden.

Am zweiten Weihnachtstag des Jahres 2011 setzte ich mich vor meinem Spätdienst an den Computer und klickte wieder einmal die Seite von Singapore Airlines an, um zu sehen, ob der Preis sich vielleicht noch ein wenig veränderte. Ich hatte mittlerweile gelesen, daß der Flug im fraglichen Zeitraum nicht mit einer Boeing 747, sondern mit einem Airbus A380 durchgeführt werden sollte. Und genauso verläßlich wie diese Information war auch die Beständigkeit des Preises. Er veränderte sich einfach nicht oder nur sehr geringfügig, so daß ich beschloß, den Flug zu buchen. Und als ich mich durch die zahlreichen Menüs geklickt hatte, bemerkte ich, daß nur noch sehr, sehr wenige Plätze frei waren. Ich entschied mich zunächst für einen Platz am Gang in der letzten Reihe vor einer Küche. Fensterplätze waren keine mehr verfügbar, aber vom letzten Jahr wußte ich ja, was es zu sehen gab, denn letztes Jahr saß ich rechts am Fenster. Es gab allerdings keine Reihe mehr, in der es vielleicht hätte möglich sein können, daß ich dort alleine sitzen würde, also blieb mir nur der Platz. Beim Hotel wollte ich nichts dem Zufall überlassen und buchte das gleiche Hotel wie im letzten Jahr. Verkehrstechnisch hervorragend gelegen, kostenloses WLan, continental breakfast waren das, was mich vor etwas mehr als elf Monaten voll überzeugt hatte. Da der Flug wieder von Frankfurt ging, kaufte ich mir eine Zugfahrkarte für den ICE. Dieses Mal wollte ich jedoch einen oder zwei Züge später nehmen, denn die Wartezeit 2011 war eindeutig zu lang. Für’s erste Mal mit Sicherheit absolut okay, aber mit der Erfahrung nicht mehr notwendig. Mir war klar, daß die späteren Züge teurer sein würden, aber das ließ sich ja nicht ändern. Zu meinem Erstaunen kostete ein Platz in der 1. Klasse lediglich fünf Euro mehr. Wunderbar, da fängt die Reise ja schon stilecht an!

Doch je näher der Termin rückte, umso weniger Enthusiasmus war vorhanden und spürbar. Zwar traf ich erneut einige Vorbereitungen, ohne die ein solcher Trip nicht durchführbar ist, aber die eigentliche Frage, die über allem schwebte, war die, was ich in der Stadt machen und anschauen möchte, denn prinzipiell hatte ich vor einem Jahr alles gesehen, was ich mir vorgenommen hatte. Mußte ich meinem Drang nun Tribut zollen? War es vielleicht doch eher so, daß auf meiner persönlichen To-Do-Liste der Big Apple durchgestrichen war? Ich suchte mir zunächst einmal ein paar neue Ziele bzw. Aufgaben in der Stadt, in der es so viel zu sehen gibt. Zudem war da ja noch einiges, was sich lohnen würde, noch einmal in Augenschein zu nehmen. Mit einem Reiseführer für New York, der dreißig Touren vorstellt, die man zu Fuß erledigen kann, ging ich die Planung an. Dabei entfallen auf jede Tour vier Seiten, von denen wiederum eine einen Stadtplanausschnitt zeigt, auf dem die Tour eingezeichnet ist. Auf den anderen drei Seiten werden die schönsten Sehenswürdigkeiten der jeweiligen Tour beschrieben. Also kompakt und übersichtlich, wie man es sich wünscht. Nach dem ausführlichen Studium dieses Guides erschien es mir ratsam, eine weitere für mich interessante Sehenswürdigkeiten ebenfalls auf einem Stadtplan zu vermerken, wie ich das bereits im letzten Jahr tat. Also kramte ich den vor zwölf Monaten benutzten Stadtplan heraus und entschied schnell, daß dieser mir nun keine Hilfe mehr sein würde. Es mußte also ein neuer Stadtplan her. Bei Amazon entdeckte ich gleich zwei Exemplare: einen Backpacker-Stadtplan aus einem Material, das es einem ermöglicht, den Stadtplan zu zerknüllen, zu falten, ohne daß dieser beschädigt wird, und eine zweite Straßenkarte, die so beschaffen ist, daß man sie im Regen benutzen und mit einem Filzschreiber beschriften kann. Ich konnte mich nicht zwischen den beiden entschieden und bestellte daher einfach beide. (Kleiner Einschub: Während ich diese Zeilen schreibe, haben wir gerade das Festland von Kanada erreicht und es sind noch 2:25 Stunden bis New York.)

Als die Lieferung von Amazon eintraf, schenkte ich dem zweitgenannten Stadtplan zunächst einmal mehr Beachtung, denn dort konnte ich die Touren aus dem Stadtführer mittels Filzschreiber einzeichnen, um auf einen Blick erkennen zu können, wie weit die Touren voneinander entfernt sind und welche Touren man eventuell miteinander kombinieren könnte. Im Anschluß vergewisserte ich mich, daß ich diesmal den Adapter-Stecker (oder besser gesagt „die“ Adapter-Stecker, denn ich hatte ja mittlerweile zwei!) auch wirklich einpacken würde. Als ich wenige Tage später im real,- an der Kasse stand, hingen dort zufälligerweise Reisestecker, so daß ich sicherheitshalber gleich noch einen kaufte, denn aufgrund der Vielzahl an Geräten könnte es sicher nicht schaden, wenn man eben nicht nur einen oder zwei mitnehmen würde. Das klappte zwar letztes Jahr, aber auch da war es bereits schwierig, alle elektronischen Geräte in der Nacht aufladen zu können. Und mit den drei Adapter-Steckern wäre ich nun in der Lage, das Netbook, eine der beiden Digitalkameras und mein iPhone aufzuladen. Da ich mir ja vorgenommen hatte, wieder einen Reisebericht bzw. –tagebuch zu schreiben, würde ich abends ja wieder einige Stunden wach im Hotel verbringen und könnte da umstöpseln…

Hatte ich mich im Abschnitt zuvor verschrieben? War da die Rede von zwei Digitalkameras? Nein und ja, denn vor Weihnachten erfüllte ich mir den langersehnten Wunsch, eine Digitalkamera zu erwerben und kaufte mir für 499 Euro eine Canon EOS 1100D. Selbstredend nahm ich meine alte kompakte Digicam ebenfalls wieder mit und so kam ich eben auf zwei Digitalkameras.

Ich hatte also alle Touren auf der Stadtkarte eingezeichnet und war mit dem Ergebnis zwar zufrieden, aber eben doch nicht zu 100%. Denn der Stadtplan war alles andere als übersichtlich und vor allen Dingen viel zu groß. Er schien mir geeignet, um mir beim „continental breakfast“ die Tagesaktivitäten auszusuchen, aber um ihn mitzuführen, war er mir ein wenig zu groß – zumindest für einen schnellen Blick. Also dachte ich nach und hatte die Idee, den bereits erworbenen Stadtführer noch einmal zu kaufen oder um es korrekt auszudrücken: Ein zweites Exemplar mußte her. Dann könnte ich die kleinen handlichen Karten am Ende jeder Tour ausreißen und mir auf meine Erkundungstour nehmen. Doch als ich den Reiseführer dann näher betrachtete, fiel mir auf, daß dort bereits so viel eingezeichnet war, daß meine zusätzlichen Sehenswürdigkeiten nicht mehr zu erkennen wären, wenn ich sie auch noch markieren würde. Dementsprechend habe ich die einzelnen Karten am PC eingescannt und die fertigen Bilder auf DIN-A4-Größe ausgedruckt. Und als ich dabei war, mir die Sehenswürdigkeiten rauszusuchen, recherchierte ich nebenbei im Internet und stellte mir erneut einen eigenen Reiseführer zusammen, in dem ich dann die Informationen zu meinen Tagesplanungen würde nachlesen können, wie ich es auch im vergangenen Jahr gemacht habe.

Jetzt hatte ich also einen Stadtführer mit dreißig Touren, den ich zu Hause ins Regel stellen kann, den gleichen Reiseführer als Orientierungshilfe vor Ort und die einzelnen Karten daraus in vierfacher Größe mit den von mir markierten Highlights. Übrigens habe ich die auf dem PC vorhandenen Grafiken im Nachhinein auch noch mit meinen Highlights versehen, so daß ich für die Zukunft vorgesorgt habe. Nicht zu vergessen waren die beiden Stadtpläne von Amazon, der Stadtplan vom letzten Jahr und meine selbst erstellten Notizen. Wenn das nicht reichen würde!

Da ich mich nicht entscheiden konnte, was mein Reisebegleiter werden sollte, nahm ich gleich alles mit. Vor Ort würde ich mich dann für eine Informationsquelle entscheiden.

Und als ich so mitten in diesen Vorbereitungen steckte, notierte ich mir immer mehr, was ich unbedingt sehen wollte. Ich klickte mich durch unzählige Fotos im Internet, bekam zu Weihnachten ein hervorragendes Buch über New York geschenkt, kaufte mir selber ein Buch zum World Trade Center mit außergewöhnlichen und hervorragenden Bildern vom Bau bis zum Einsturz. Und plötzlich war ich mittendrin. Ich wollte hier noch hin und das noch sehen. Ha! Die Vorfreude hatte mich so überrumpelt, daß ich das noch nicht einmal richtig gemerkt hatte.

Jetzt konnte es losgehen…

Montag, 16.01.2012 (Tag 1)

Natürlich war die Deutsche Bahn zu spät am Frankfurter Flughafen. Es waren zwar nur 12 Minuten, aber zu spät ist zu spät. Ich hatte aber noch genug Karenzzeit zwischen Ankunft in Frankfurt und Check-In, so daß ich mich nicht abhetzen mußte. Den ersten längeren Fußmarsch des Urlaubs hatte ich wieder in Frankfurt am Flughafen zu absolvieren. Als ich endlich am Check-In-Schalter ankam, stellte ich fest, daß man augenscheinlich schon einchecken konnte. Es waren sehr wenige Passagiere am Schalter und ich konnte eigentlich zügig durchgehen. Der Mann am Schalter fragte mich, ob ich extra gebucht habe, weil es das erste Mal ist, woraufhin ich wohl etwas verdutzt guckte aufgrund der komischen Fragestellung. Extra gebucht, weil es das erste Mal ist? Er erläuterte mir sofort, daß Singapore Airlines heute den Jungfernflug des Airbus A380 von Frankfurt nach New York durchführen würde. Und aus dem Grund lade die Fluggesellschaft alle Passagiere herzlich um 06.50 Uhr zu einem kleinen Empfang ein. Als mir das erklärt wurde, erinnerte ich mich, davon gelesen zu haben. Ich persönlich fand das alles jetzt nicht ganz so spannend, aber für die Fluggesellschaft, einige Passagiere und den Frankfurter Flughafen war das wohl in der Tat ein großes Ding, wie ich später merken sollte.

Doch zunächst überbrückte ich die Zeit bis zum Boarding und las ein wenig. Als ich zufällig auf die Uhr schaute, stellte ich fest, daß es 06.54 Uhr war und da die Wege in Frankfurt bekanntlich sehr weit sind, machte ich mich auf in Richtung Gate. Als ich dort ankam, sah ich dann, daß der Jungfernflug wohl eben doch besonders ist. Zahlreiche Pressefotografen, der Chef des Frankfurter Flughafens, der Europachef von Singapore Airlines und etliche weitere Schlipsträger standen an und um Stehtische und alleine die Kleidung verriet, daß es sich dabei nicht um Economy-Reisende handelte. Ich lauschte ein wenig den Reden, sah einen Auftritt einer volkstümlichen Gruppe aus Singapur, die einen Löwentanz aufführte, der Glück bringen soll und machte ein paar Fotos. Wenn man schon einmal bei einem solch bedeutenden Augenblick der zivilen Luftfahrt zufälligerweise mittendrin war, dann mußte das doch wohl für die Nachwelt festgehalten werden.

Nach dem Boarding war ich zunächst einmal richtiggehend überwältigt vom „Innenleben“ des Airbus A380. Da ich einen Abend zuvor online einchecken wollte, was aber nicht so geklappt hat, wie ich das gehofft hatte, buchte ich dabei noch einmal meinen Sitzplatz um, denn die allerletzte Reihe des Main Decks, also des Erdgeschosses, war unbesetzt. Eine Viererreihe ganz für mich alleine? Das klang verlockend, denn zumindest ein zweiter freier Platz ist eine Wohltat für die Beine und den Körper. Ich mußte also vom Eingang bis zur allerletzten Reihe und durchschritt dabei den gesamten Economy-Bereich. Die Seitenwände im A380 sind nur sehr, sehr leicht gewölbt, so daß man eigentlich das Gefühl hat, sich in einem normalen Raum zu befinden. Direkt hinter meinem Platz befand sich lediglich ein kleiner Durchgang und dahinter dann eine der Treppen zum Upper Deck. Ich habe mir die Benutzung der Treppe allerdings während des Fluges erspart, denn die Economy-Class im Upper Deck sieht mit Sicherheit genauso aus wie im Main Deck.

Trotz der Größe des Flugzeuges ging das Boarding erstaunlicherweise sehr schnell und schon rollte der Flieger rückwärts vom Gate in Richtung Landebahn. Und was sich dann abspielte, als der Airbus Fahrt aufnahm, hatte ich noch nie zuvor erlebt. Eine Urgewalt! Logisch, denn es muß ja auch eine Menge an Gewicht bewegt werden.

Kaum in der Luft, beschäftigte ich mich mit dem Videoschirm vor mir, der wie bei der 747 auch im Vordersitz angebracht ist. Dieser Videoschirm war jedoch nur locker mehr als doppelt so groß. Ich habe es ausgemessen: Der Bildschirm ist genauso groß wie der Bildschirm meines Netbook. Und was letztes Jahr schon komfortabel schien, wurde nun traumhaft.

Ich entschied mich zunächst einmal dafür, die letzten drei Folgen der achten Staffel von „Two and a Half Men“ zu gucken und mir dann die erste Folge der neunten Staffel, in der Ashton Kutcher das erste Mal auftaucht, zu sehen. Die hatte ich vor Wochenfrist bereits am heimischen Bildschirm verfolgt. Interessant war es allemal, denn die Folgen waren lediglich in englischer Sprache verfügbar. Dadurch lernte ich auch, daß der lustige Spruch von Rea Garvey aus „The Voice of Germany“ wohl eigentlich im Englischen gebräuchlich ist, denn Alan Harper benutzte ihn ebenfalls, als er sagte „Unfucking believable“, während Rea die eingedeutschte Version benutzt („Unfucking faßbar“). Zwischendurch mußte ich den Konsum der Comedy-Serie kurze Zeit unterbrechen. Zum einen war ich so müde, daß ich erstmal dreißig Minuten geschlafen habe und zum anderen gab es das erste Essen des Tages. Ich entschied mich für Rührei mit Spinat und Bratkartoffeln. Und dabei konnte ich nur bestätigen, was ich aus dem letzten Jahr noch wußte: Das Essen bei Singapore Air schmeckt wirklich nach Essen und nicht nach Pappe, wie es bei anderen Fluggesellschaften oftmals der Fall ist. Ein wenig durchgeschüttelt durch einige Turbulenzen etwa in der Mitte des Fluges, die jedoch maximal zwei Minuten dauerten, fiel meine Wahl beim Spielfilm auf „Resturlaub“, den ich zwar schon im Kino gesehen hatte, aber das war für mich nicht unbedingt ein Ausschlußkriterium.

Nachdem ich den Film zu Ende gesehen hatte und es oberhalb des Grand Lake in Kanada 2:10 Stunden vor Ankunft noch einmal kurzzeitig Turbulenzen gab, rollte das nächste Essen heran. Dieses Mal hatte ich wohl ebenfalls genau die richtige Wahl getroffen, als ich mich für Hühnchen mit Kartoffelpüree, Erbsen und Möhren entschied. Auch das schmeckte vorzüglich.

Die restliche Zeit des Fluges döste ich vor mich hin, beobachtete dabei die Reiseroute auf dem Bildschirm vor mir (59 Minuten vor der Landung in New York befindet man sich übrigens bei Quebec und im weiteren Verlauf passiert man in etwas größerem Abstand Montreal.) und freute mich auf die Stadt, die niemals schläft.

Dabei ließen mich meine Gedanken nicht los, ob der zweite Besuch ebenso berauschend werden würde, wie es der erste war, und ob ich genauso fasziniert die Heimreise antreten würde.

Die Fahrt vom JFK International Airport zum Hotel gestaltete sich vollkommen unspektakulär. Für mich stellte sich nur die Frage, an welcher von zwei Haltestellen ich die Linie E verlassen und in die Linie 7 steigen würde. Als ich mit dem Airtrain am Jamaica Center ankam, löste ich zunächst einmal das 5-Dollar-Ticket für den Airtrain. Dann meinte ich mich zu erinnern, daß man am gleichen Automat auch das Wochenticket für die Subway, also die Metrocard, kaufen konnte. Aber irgendwie fand ich trotz deutschen Menüs nicht den richtigen Punkt. Also ging ich in Richtung Bahnsteig der Linie 7 und dachte, daß bestimmt unterwegs noch ein Automat kommen würde, an dem ich mein Glück noch einmal probieren würde. Es kam aber bis zum Aufzug keiner mehr, so daß ich zurück ins Gebäude gegangen bin, erneut an dem Automaten alles angeklickt habe, nichts fand und dann jemanden gefragt habe, der mir sagte, daß an diesen Automaten nur die Karten für den Airtrain verkauft werden und die „richtigen“ Metrocards am Bahnsteig zu erwerben seien. Also bin ich den ganzen Weg wieder zurück und habe mir die Wochenkarte auf dem Bahnsteig gekauft.

Während der Fahrt überlegte ich die ganze Zeit, ob ich – wie letztes Jahr – an der Haltestelle „Jackson Heights“ umsteigen sollte oder aber bis zum Court House Square durchfahren sollte. Dadurch wäre die Fahrt mit der Linie 7 kürzer. Ich entschied mich für die letztere Variante und fuhr dann mit der Linie 7 eine Haltestelle zurück. Als ich im Hotel ankam, konnte ich erstaunlicherweise direkt auf mein Zimmer. Es war zwar erst kurz nach 13 Uhr und Einchecken kann man eigentlich erst ab 15 Uhr, aber mir sollte es recht sein. Nachdem ich meine Sachen ausgepackt und die Dinge, die ich mitnehmen wollte, zurechtgelegt hatte, zog ich meine Jacken wieder an und marschierte aus dem Hotel zu der mir bekannten Haltestelle drei Blocks entfernt. Von dort aus hatte ich einen schönen Ausblick in Richtung Manhattan und nutzte die Wartezeit um die ersten Fotos zu machen.

Geplant hatte ich einen kleinen Rundgang von Grand Central bis zum Times Square, dann in Richtung Norden und hinter dem Duffy Square wieder Richtung Osten, vorbei am GE Building bis zur Park Avenue und wieder zurück zum Grand Central. Und genauso ging ich auch.

Als ich die Linie 7 an Grand Central Station verließ, betrat ich die schönste Bahnhofshalle der Welt. Ich bin ganz bewußt genau dort ausgestiegen, weil vor einem Jahr hier mein Besuch von Manhattan begann und fünf Tage später auch endete. Und auch dieses Mal war es wieder traumhaft, die umherlaufenden Menschen in der Halle zu beobachten. Ich wollte auf eine der Emporen, um von dort aus ein Foto zu machen. Als ich dort mit meinem kleinen Stativ und der Kamera hantierte, sprach mich jemand in einem blauen T-Shirt an, von denen dort oben gleich mehrere Personen standen. Die T-Shirts erinnerten mich an Apple, denn auch dort tragen die Angestellten diese blauen Shirts. Und genauso war es auch. Es handelte sich in der Tat um den Mitarbeiter eines Apple-Stores, denn auf der Empore hat die Firma einen Shop eingerichtet. Jedenfalls sprach dieser Mann mich in seiner Muttersprache an. Das Ganze war so schnell, daß ich nichts verstand, was ich ihm mitteilte. Daraufhin sprach er etwas langsamer und sehr deutlich. Er wollte mich lediglich darauf aufmerksam machen, daß das Fotografieren in Grand Central Station mit einem Stativ ohne Erlaubnis absolut verboten sei und wenn die MTA das sehe, dann würde ich unmittelbar ein Ticket bekommen. Ich bedankte mich recht herzlich, packte das Stativ zurück in die Tasche und ging. Meine Fotos hatte ich ja schon gemacht.

Ich verließ den Bahnhof in Richtung 42. Straße, denn über die wollte ich vorbei an der New York Public Library in Richtung Times Square gehen. An der New York Public Library machte ich einen Umweg von einem Block in Richtung Süden, weil ich unbedingt einmal durch den Bryant Park gehen wollte. Über diesen Park liest man immer so viel. Dort sollen im Sommer kleine Festivals stattfinden und auch jetzt im Winter wurde dort etwas geboten. Es war eine Eisfläche aufgebaut, die rappelvoll war. Ich fotografierte und ging, fotografierte und ging wieder ein paar Meter. Dabei fiel mir auf, daß es sich überhaupt nicht lohnte, die Kamera zwischendurch wegzupacken.

An der nordwestlichen Ecke des Parks stand ich nun vor dem noch zweithöchsten Gebäude der Stadt, dem 366 Meter hohen Bank of America Tower. Hier schlug ich den weiteren Weg wieder über die 42. Straße in Richtung Westen ein und nur einen Häuserblock später stand ich – unschwer an den vielen Lichtern zu erkennen – am Times Square. Hier bog ich in Richtung Norden ab, denn ich wollte ja bis zum Duffy Square, welcher das nördliche Ende bildet. Dort steht die bekannte rote Treppe, unter der sich die Verkaufsräume der Firma TKTS befinden. Diese verkauft verbilligte Theater- und Musicaltickets und entlang der Treppe bilden sich wohl tagtäglich stets lange Warteschlangen. So war es auch heute. Von der letzten Stufe der Treppe schoß ich noch ein paar Fotos in Richtung Times Square und ging wieder hinunter. Bevor ich die rote Treppe erreichte, besuchte ich jedoch noch zwei Geschäfte, die rechtsseitig am Times Square liegen: Planet Hollywood und den Disney-Store. Letzteren sollte man wohl niemals mit kleinen Kindern besuchen oder aber genügend Geld für den Besuch einplanen. Unglaublich, was es dort alles zu kaufen gibt! Vom Planet Hollywood hingegen war ich ein wenig enttäuscht. Es gab nur wenige T-Shirts und die waren auch noch alle sehr teuer. Zwar sind $19,95 ein wohl üblicher Preis für Merchandising-Artikel, aber ich entschied mich aufgrund meiner weiteren Wegstrecke gegen einen Kauf, weil ich die Sachen ja dann zusätzlich noch hätte tragen müssen. Ein Unterfangen, das mit der Spiegelreflexkamera in der einen Hand und der Kameratasche über der Schulter nur ein zusätzliches Hindernis darstellen würde.

Vom Duffy Square ging es dann zwei Blocks nördlich, bevor ich an der 50. Straße nach Osten abbog. So lief ich geradewegs vorbei an der Radio City Music Hall in Richtung Rockefeller Plaza, wo ich vor einem der schönsten Gebäude New Yorks stand, dem GE Building, wo sich die Aussichtsplattform Top of the Rock befindet. Heute ließ ich jedoch alles rechts von mir liegen, umrundete aber einmal die Eisfläche und ging weiter zur 5th Avenue. Dort wollte ich mir die St. Patrick’s Cathedral von innen anschauen. Dieses Vorhaben setzte ich in die Tat um. Und erst im Inneren dieser Kirche merkt man wirklich, wie groß sie ist. Von außen wird sie mittlerweile von den anderen Gebäuden um sie herum förmlich erdrückt. Früher war sie einmal das höchste Bauwerk der Gegend und genau das wird einem im Kirchenschiff deutlich. Nach den obligatorischen Fotos ging ich über die 50. Straße weiter bis zur Park Avenue und stand damit direkt vor dem Waldorf=Astoria. In diesem Jahr war das Hotel von einem Baugerüst umgeben. Ich machte wieder ein paar Fotos und ging die Park Avenue zurück in Richtung Grand Central Station, wo ich mir in einem der Läden die erste Coke meines Aufenthaltes kaufte.

Dienstag, 17.01.2012 (Tag 2)

Nach einem ausgiebigen Schlaf wachte ich morgens um 07.00 Uhr auf und begab mich zunächst einmal unter die Dusche, bevor ich zum Frühstück ging, wo ich den weiteren Tag plante. Der Tagesplan gestaltete sich eigentlich relativ einfach, denn irgendwie hatte ich die ganze Zeit den High Line Park im Kopf. Also suchte ich mir von den Tagesrouten aus dem Reiseführer welche aus, die in der Nähe vom High Line Park lagen. Ich bastelte mir aus vier Routen eine zusammen und wollte vom High Line Park aus bis zum Union Square in einem großen Bogen in südlicher Ausdehnung laufen. Am Ende des Tages wurde es zwar wesentlich mehr, aber die Dinge, die ich eingeplant hatte, habe ich alle gesehen.

Ich entschied mich nach Verlassen des Hauses und der Fahrt mit der Linie 7 dazu, an Grand Central Station umzusteigen und vier Stationen mit der grünen Linie (4, 5 oder 6) in Richtung Downtown zu fahren, um an der Haltestelle Union Square in die graue Linie L umzusteigen. Die mußte ich nur bis zur Endstation fahren, was lediglich zwei Stationen waren und von dort aus war es am kürzesten zum High Line Park, von wo aus ich meinen Exkurs beginnen wollte.

Ich stieg also aus der Subway-Linie L aus und erklomm die Stufen zum Tageslicht. Dort angekommen, orientierte ich mich ganz kurz und ging dann über die Gansevoort Street in Richtung Hudson River. So mußte ich unweigerlich auf das südliche Ende des High Line Parks treffen, wenn mich meine Straßenkarte nicht getäuscht hatte. Und genauso war es auch: Als ich an den ehemaligen (und teilweise wohl auch noch aktuellen) Lagerhallen vorbeiging, erspähte ich die Hochbahntrasse, die hier ihr abruptes Ende fand. Ich stieg die Treppe nach oben und war am ersten Punkt meines heutigen Wandertages angekommen. Nach Osten konnte man den Hudson River erkennen und westlich lagen Teile des Meatpacking Districts. Ich schlenderte einen Teil des High Line Parks entlang, kehrte um und verließ ihn auf dem gleichen Weg, auf dem ich ihn betreten hatte. So interessant fand ich den Park jetzt entgegen meiner ersten Vermutung gar nicht. Die Idee, die hinter der Entstehung des Parks stand, scheint mir da schon wesentlich interessanter. Mich faszinierten hier im Meatpacking District vielmehr die ganzen alten Lagerräumlichkeiten, in denen sich jetzt u. a. Boutiquen angesiedelt hatten. Mein Spaziergang durch die Straßen hier stand unter dem Motto „Wandel der Zeiten live erleben“. Ich ging zwei Blocks über die Washington Street in Richtung Süden und bog dann nach links in die Jane Street ab, wo ich bis zur Greenwich Avenue wanderte. Als nächstes sollte das New Yorker „Neuschwanstein“ in Augenschein genommen werden. Dabei handelt es sich um ein Gebäude der New York Public Library mit einem Turm, der eine gewisse Ähnlichkeit mit dem deutschen Schloß Neuschwanstein haben soll – meinen zumindest die Amerikaner.

Auf Höhe der W 10th St mußte ich nach links abbiegen und konnte den Turm rechter Hand entdecken. Leider war ein Teil des Gebäudes mit einem Baugerüst umgeben, aber für ein paar Fotos reichte es. Der nächste Programmpunkt war also imaginär abgehakt und ich konnte weiterziehen. Mittlerweile hatte es angefangen zu regnen, was die Sache nicht unbedingt erleichterte, denn unter der Wollmütze, die ich sicherheitshalber aufgesetzt hatte, war es auch so schon warm genug. Jetzt wurde es durch die Kapuze zwar nicht wärmer, dafür wurde aber mein Blickwinkel deutlich eingeschränkt. Ich watschelte ein paar Meter weiter in Richtung Süden und entdeckte das Straßenschild der Christopher Street. Hier hat also die Schwulen- und Lesbenszene ihren Ursprung. Und wenn wir in Köln schon jedes Jahr den Christopher Street Day feiern, dann schaue ich mir doch die namensgebende Straße mal etwas genauer an. Aber es war eine ganz normale Straße. Was hatte ich erwartet? Auf der Straße tanzende Schwule? Singende Lesben? Blödsinn! Natürlich war es eine ganz normale Straße. Es gab hier lediglich ein paar Clubs, die der Homosexuellenszene zuzuordnen sind. Ich konnte also weiter. Als ich an der nächsten größeren Kreuzung ankam, entdeckte ich einen winzigen Park, in dem eine weiße Skulptur stand, so daß ich einmal abbog, um in den Park zu gelangen und das „Gay Liberation Monument“ zu fotografieren.

Und nun muß sich in meinem Orientierungssinn ein schwerer Ausnahmefehler eingeschlichen haben, denn als ich den Park verließ und auf der Seventh Avenue in südlicher Richtung unterwegs war, ging ich eigentlich in Richtung Norden, was ich aber erst drei Blocks später bemerkte, als ich mein iPhone zücken mußte, weil mich schon so ein komisches Gefühl beschlich. Nun muß man dazu sagen, daß die Straßen in der Lower West Side nicht mehr alle im 90-Grad-Winkel zueinander stehen und auch nicht mehr numerisch benannt sind. Also eigentlich sieht es hier aus wie in jeder „normalen“ Großstadt auch. Die Straßen gehen voneinander in allen möglichen Winkeln ab und haben Namen weitestgehend ohne Zahlen. Und schon kommt man vollkommen durcheinander! Die Karte auf meinem iPhone sprach jedoch eine deutliche Sprache: Ich hatte gegen das Straßenwirrwarr verloren und konnte meine Niederlage nur noch dadurch vertuschen bzw. mildern, wenn ich auf dem Absatz umkehren und die drei Blocks zurückgehen würde. Es blieb mir also nichts anderes übrig. Mein Orientierungssinn versuchte zwar im Unterbewußtsein, mich von diesem Weg wieder abzubringen, weil er der festen Überzeugung war, ich würde nun in die falsche Richtung gehen. Die kopierten Straßenkarten aus dem Reiseführer waren mir hier absolut keine Hilfe, denn dort waren in den Straßen keine Namen eingetragen. Zudem waren sie durch den Regen teilweise schon so aufgeweicht, daß ich sie schon nicht mehr falten mußte. Jetzt wird sich der geneigte Leser mit Sicherheit fragen, warum ich nicht meine Plastikstraßenkarte, von der ich eingangs schrieb, mitgenommen hatte, weil diese ja wetterfest ist. Ganz einfache Antwort: Ich weiß es nicht. Ich hatte mich am Morgen dagegen entschieden. Und diesen ganzen Umweg hätte ich mir sowieso komplett sparen können, wenn ich nicht unbedingt zum schmalsten Haus der Stadt New York gewollt hätte, in dem bereits Cary Grant wohnte. Das Haus ist nur 2,90 Meter breit und hat nur eine halbe Hausnummer.

Aber ich habe es gefunden! Zwischendurch mußte ich zwar noch einige Male mein Smartphone zücken, denn ich wußte den Straßennamen nicht, weil der ja in der Straßenkarte nicht eingetragen war. Als ich an einer Straßenecke ein letztes Mal auf die Karte im iPhone schaute, dachte ich, daß das Haus nicht mehr weit entfernt sein konnte. Ich mußte in jedem Fall an dieser Ecke links abbiegen und dann müßte das Haus im letzten Teilstück dieser Straße liegen, wenn meine Erfahrungen aus etlichen Schnitzeljagden in der Grundschulzeit für irgendwas nützlich sein sollten. Ich bog also links ab und konnte aus ca. 50 Metern Entfernung ein sehr schmales Haus erkennen. Das mußte es also sein. Und in der Tat hat es die Hausnummer 75 ½. Witzig! Nach den obligatorischen Fotos wurde der Haken auf der imaginären Liste gemacht und ich ging weiter. Von hier aus wollte ich bis zur West Houston Street, weil dort ein adidas-Outlet sein sollte und gleich daneben ein Hollister-Shop.

Ich ging ca. 200 Meter auf der Bedford Street und bog dann halblinks auf die West Houston Street ab. Diese Straße ist eine relativ breite Straße mit regem Fahrzeugverkehr. Unvorstellbar, daß hier gleich mehrere große Geschäfte liegen sollten. Ich kam mir vor wie auf der Nord-Süd-Fahrt in Köln. Ich mußte sieben Blocks gehen, bis ich am Broadway ankam, an dessen Ecke ich den Hollister-Shop erblickte. Und gleich gegenüber befand sich ein adidas-Store. Dieses Gebäude aber Outlet zu nennen? Ich weiß nicht. Ich kaufte mir rechts neben dem Hollister in einem duanereade-Drugstore meine erste Flasche Mountain Dew, denn vom Fußmarsch war ich ein wenig durstig geworden. Nach Verlassen des Drugstore ließ ich den Hollister rechts liegen und ging zum adidas-Store. An der Tür wurde ich von jemandem in einem Trikot des AC Mailand freundlich begrüßt. Und da das Tragen eines italienischen Trikots offensichtlich noch nicht reichte, um sich komplett zum Affen zu machen, prellte dessen Träger auch noch einen Mini-Fußball. Ich sah zu, daß ich eine räumliche Distanz zwischen den Angestellten und mich brachte. Eigentlich suchte ich ja nur ein Outlet, wo man eventuell adidas-Produkte billiger erwerben konnte. Mein Auge erspähte ein Trikot der Red Bulls New York. Das wäre doch ein schönes Mitbringsel! Bei $110 blieb es jedoch im Laden hängen. Preiswertes konnte ich hier jedenfalls nicht entdecken, also verließ ich den Laden wieder. Dabei entdeckte ich sogar ein Trikot des FC Bayern München und fragte mich nebenbei, wieviele Leute das hier wohl kaufen.

Der nächste Programmpunkt auf meiner Liste war der Washington Square Park, der in früheren Jahren wohl mal ein beliebter Treffpunkt für die Drogenszene war, mittlerweile aber als relativ sicher gilt. Ich wollte mir unbedingt den Triumphbogen Washington Square Arch anschauen. Im Internet hatte ich ein Foto davon gesehen, auf dem man durch den Triumphbogen die Türme des World Trade Center sehen konnte. Ich ging drei Blocks vom adidas-Store in Richtung Norden über den Broadway, der hier allerdings nicht viel Glamour versprüht. Dann bog ich nach links ab, um einen Block später wieder nach rechts und dann wieder nach links abzubiegen, denn ich wollte den Washington Square Park von der südöstlichsten Ecke aus erkunden. Als ich den Park an dieser Ecke betrat, suchte ich verzweifelt den Triumphbogen und konnte ihn zunächst nicht entdecken. Ich ging über die asphaltierten Wege des Parks entlang der Grünflächen und bewegte mich auf den mitten im Park befindlichen Springbrunnen zu, der zu dieser Jahreszeit logischerweise außer Betrieb war. Nördlich davon steht der Washington Square Arch, den ich in beiden Richtungen fotografierte. In nördlicher Richtung kann man durch ihn hindurch das Empire State Building sehen und in südlicher Richtung erscheint schon der 1WTC, wo früher die Twin Towers standen. Ich hielt nach Durchschreiten des Bogens inne und blickte in Richtung Süden. Wieder erlebte ich einen Moment, der mich maßlos ärgerte. Denn nun stand ich genau an der Stelle, an der wohl das Foto aufgenommen wurde, das ich im Internet entdeckt hatte. Nur fehlte bei meinem Anblick etwas. Und genau das ärgerte mich. Warum war ich nicht schon früher in New York, als die beiden Türme noch standen?

Ich drehte mich um und ging auf einer meiner Lieblingsstraßen in Richtung Norden, denn am Washington Square Park beginn die 5th Avenue. Nach einem Block sollte rechtsseitig eine sehr schöne Straße mit Kopfsteinpflaster und kleinen Häuschen liegen – die Washington Mews. Kleine Häuschen ja, Kopfsteinpflaster nein, Bauzaun ja. Und genau dieser Bauzaun sperrte den Weg zu der kleinen Straße ab. Als ich einen Blick über den Bauzaun warf, entdeckte ich, daß die ganze Straße aufgerissen war und dementsprechend kein Kopfsteinpflaster mehr lag. Zwei Blocks weiter nördlich bog ich rechts ab, denn ich wollte zum Union Square Park, der nur noch fünf Blocks entfernt war. Dort sollte sich ja „Filene’s Basement“ befinden, über das ich im Internet gelesen hatte, daß man dort Markenjeans für ca. 20 € bekommen sollte. Zu meinem Erstaunen fand ich den Eingang sofort ohne große Suche und begab mich ins Gebäude. Dort war dem Schild nach noch ein weiteres Geschäft untergebracht. Der Eingang sah zwar nicht unbedingt nach Geschäft aus, weil man in eine Art Hausflur kam und erst mit einer Rolltreppe nach oben fahren mußte. Das hatte mich zunächst davon abgehalten, das Gebäude zu betreten, weil es eben mehr nach Wohnhaus aussah. Aber die anderen Leute, die reingingen und rauskamen, sahen nicht unbedingt aus, als ob sie alle in dem Haus wohnen würden, sondern eher nach Shoppern. Ich ging also rein und fuhr mit der Rolltreppe nach oben. Dort lag linker Hand ein Ladenlokal, das Schuhe, Gürtel und Kleidung für Frauen verkaufte, wie ich durch die Schaufenster sah. Ansonsten gab es auf dieser Etage nichts, so daß ich wohl weiter mit der Rolltreppe fahren mußte. Als ich den Blick nach rechts wandte, sah ich, daß die Rolltreppe abgesperrt war und ein Hinweisschild angebracht war, das mir unmißverständlich mitteilte, daß „Filene’s Basement“ nicht mehr existierte. Schön, daß die Insidertips im Internet immer hochaktuell sind!

Als ich das Gebäude wieder verlassen hatte, wollte ich den Broadway entlanggehen und mindestens bis zum Herald Square gelangen. Sollte es bis zum Macy’s nicht das Sportgeschäft geben, in dem ich im letzten Jahr meine Tasche und meine Shirts gekauft hatte, dann würde ich dort in die U-Bahn steigen und ins Hotel fahren. Aber das Sportgeschäft gab es noch. Es liegt direkt gegenüber von Macy’s am Broadway. Dort verbrachte ich eine gute halbe Stunde und freute mich noch einmal, daß ich das Geschäft im letzten Jahr überhaupt entdeckt hatte. Ich wunderte mich darüber, daß Markierungsteller, die man im Fußball benutzt, hier extrem preiswert sind. So zahlt man lediglich $3,99 für zehn Stück, also umgerechnet zwei Euro billiger. Ich kaufte ein paar Dinge, die ich als Mitbringsel verwenden oder mir als Andenken ins Regal stellen würde. Nachdem ich bezahlt hatte, verließ ich das Ladenlokal und ging weiter auf dem Broadway in Richtung Times Square. Ich wollte jetzt noch zum Hard Rock Café, damit ich auch dort alles kaufen konnte, was mir quasi aufgetragen wurde. Auch das erledigte ich und stellte dabei fest, daß der Innenbereich im Hard Rock Café im letzten Jahr umgebaut wurde, denn es sah dort komplett anders aus. Im Anschluß benutzte ich die Treppe zur Subway neben der gegenüberliegenden Wache des NYPD und fuhr mit 7 Train ins Hotel. Unterwegs rechnete ich nach und fand heraus, daß ich den Broadway von der 14. Straße am Union Square bis zur 42. Straße am Times Square entlanggegangen war. Eine beachtliche Strecke, zumal das ja nicht das Einzige war, was ich heute zu Fuß bewältigte.

Nachdem ich in Queens angekommen war, kaufte ich im Drugstore gegenüber der Haltestelle noch drei Flaschen Coke und Fanta, die übrigens hier sehr chemisch gefärbt aussieht, aber trotzdem besser schmeckt, und kehrte kurz beim McDonald’s ein, bevor ich mich auf mein Hotelzimmer zurückzog.

Man sagt ja immer, Geschichte wiederhole sich nicht. Diesen Gedanken wurde ich heute den ganzen Tag nicht los. Ich war vor exakt einem Jahr ebenfalls in New York. Als ich dienstags unterwegs war, hat es dermaßen stark geregnet, daß ich völlig durchnäßt war. Ich kaufte am gleichen Tag in einem Sportladen ein und ging zum Flatiron Building. Und heute? Ich ging am Flatiron Building vorbei, kaufte im gleichen Sportgeschäft ein und spazierte durch den Regen. The same procedure as last year!

Mittwoch, 18.01.2012 (Tag 3)

Nach einem ausgiebigen Schlaf wachte ich morgens um 05.30 Uhr auf und nutzte die gewonnene Zeit, um mir meine Tagesroute zusammenzustellen, denn um die Uhrzeit wollte ich noch nicht aufbrechen, zumal es erst ab 06.00 Uhr Frühstück hier im Hotel gab. Die Wettervorhersage war wesentlich besser als gestern, denn an meinem dritten Tag sollte es sonnig bei 2 Grad Celsius werden, wenn man denn der Wetter-App meines iPhones Glauben schenken könnte, aber bislang stimmten die Vorhersagen meistens annähernd.

Sonne und ausreichend Zeit konnte eigentlich nur eines heißen: Brooklyn Bridge. Und schon stand ich vor einem großen Problem. Würde ich im Westen anfangen und mich dann gegen den Uhrzeigersinn über Ground Zero, Battery Park und Financial District immer weiter in Richtung Little Italy vorarbeiten, dann würde das bedeuten, daß ich mehr als den halben Weg meine Einkäufe aus den Souvenirshops des WTC Memorial würde schleppen müssen. Zudem wollte ich mir das Kaufhaus „Century 21“ gegenüber von Ground Zero anschauen. Sollte ich dort etwas finden, käme das noch hinzu. Also mußte die Route heute im Uhrzeigersinn gegangen werden. Doch wo sollte sie beginnen? Wenn ich mir das Restaurant „Katz’s Delicatessen“ anschauen wollen würde, welches an der East Houston Street liegt, dann läge danach erst einmal lange Zeit nichts, was mich interessieren würde. Sicherlich gäbe es immer etwas zu entdecken, aber dafür einen Fußmarsch von mehr als 1,5 km in Kauf nehmen, nur um ein Foto von einem Restaurant zu machen? Nein. Das Restaurant ist übrigens aus dem Film „Harry & Sally“ bekannt.

Also müßte meine Route ein Stück weiter südlich beginnen. Die Planung begann ich also mit dem Subway-Plan auf meinem iPhone. Die grünen Linien 4, 5 oder 6, mit der ich ja bereits gestern ein Stück gefahren war, bringen einen bis zur Bleecker Street bzw. eine Haltestelle weiter, zur Spring Street. Bei ersterer würde ich exakt neben dem adidas-Store aussteigen, den ich gestern besuchte. Von der Spring Street hingegen sind es nur knapp 100 Meter bis zur Mulberry Street, dem mittlerweile sehr kleinen Mittelpunkt von Little Italy. Damit stand meine Wahl und meine Tagesroute also fest: Little Italy, Chinatown, NYPD, Municipal Building, Brooklyn Bridge, City Hall, City Hall Park, South Street Seaport (mit Abercrombie & Fitch), evtl. New York Police Museum, Battery Park (mit The Sphere und Castle Clinton), Bowling Green mit Charging Bull, Wall Street (mit NYSE und Federal Hall), Trinity Church, St. Paul’s Chapel, Ground Zero, Winter Garden im World Financial Center und TriBeCa. Wenn diese Runde beendet sein würde, würde ich spontan entscheiden, ob noch weitere Unternehmungen sinnvoll erscheinen oder nicht.

Um es vorwegzunehmen: Ich habe es geschafft! Nachdem ich mir morgens beim Frühstück zwischen Bagel mit Philadelphia und Donut exakt 20 Notizen in meinem iPhone gespeichert hatte, damit ich wirklich unterwegs nichts vergesse, konnte es losgehen. Als Startpunkt hatte ich mir die bereits erwähnte Spring Street ausgesucht, von wo aus es wirklich nur ein Katzensprung bis zur Mulberry Street ist, die das Zentrum von Little Italy darstellt. Und in dieser Straße befindet sich wirklich ein italienisches Restaurant neben dem anderen. Und urplötzlich wandelt sich das Bild, denn sobald man die Canal Street überquert hat, verschwinden die italienischen Landesfarben und chinesische Schriftzeichen herrschen vor. Ansonsten gleicht sich das Bild doch, denn auch hier befindet sich ein chinesisches Geschäft neben dem anderen. Am Ende der Mulberry Street mache ich einen Schlenker um die Chatham Towers und dahinter erblickte ich sogleich das Hauptquartier der New Yorker Polizei. Was für ein häßlicher Betonklotz. Rund um das Areal war die Zufahrt für Pkw versperrt und wurde strengstens kontrolliert, während man als Fußgänger einfach an den Kontrollhäuschen vorbeigehen konnte. Da ich zum Municipal Building wollte, mußte ich jedoch die nächste Straße rechts abbiegen, wodurch ich unmittelbar vor dem Gerichtsgebäude landete. Der Komplex besteht insgesamt aus zwei Gebäuden, die einfach atemberaubend sind – so wie man sich amerikanische Gebäude, in denen amtliche Stellen untergebracht sind, vorstellt: Mit Marmorsäulen und einem Treppenaufgang. Das war schon sehr schön anzuschauen. Ich hielt mich jedoch links, denn dort steht das Municipal Building, in dem die Stadtverwaltung untergebracht ist. Wenn man vor diesem Gebäude steht, wie ich es tat, und nach oben schaut, dann hat man das Gefühl, daß dieses Gebäude nicht mehr aufhört, was wohl an der relativ schmalen Straße liegt. Wirklich beeindruckend, wenn man sich im Gegenzug so das ein oder andere deutsche Rathaus vor Augen hält.

Der Fußweg der Brooklyn Bridge liegt zwischen den Fahrspuren, so daß man am Fuße der Brücke vor dem Municipal Building zunächst die Richtungsfahrbahn Manhattan überqueren muß, bevor man ihn erreicht. Man beginnt auf der gleichen Ebene wie die Fahrzeuge, aber der Fuß- und Radweg wird in Richtung Brückenmitte bzw. erstem Pfeiler immer mehr angehoben, so daß man irgendwann sozusagen eine Etage über den Autos geht, wobei die Fahrbahnen rechts und links vom Fuß- und Radweg liegen. Unterhalb der Holzbohlen, die den Fußweg bilden, befindet sich nichts, bis auf einige Stahlverstrebungen, so daß man mitten über dem East River bis zum Wasser gucken kann, denn kleine Zwischenräume sind zwischen den Holzbohlen vorhanden. Und es war bitterkalt auf der Brücke, obwohl die Sonne schien. Hatte ich vielleicht doch die falsche Entscheidung getroffen, als ich die Handschuhe im Hotel ließ, um besser fotografieren zu können? Ich ging bis zur Brückenmitte, von wo aus man einen wirklich sehr schönen Blick auf Downtown Manhattan hat und machte wieder kehrt, weil ich ja noch ein Mammutprogramm zu
bewältigen hatte.

Als ich an der City Hall, die am Ende der Brooklyn Bridge liegt, ankam, mußte ich feststellen, daß auch diese von einem Baugerüst umgeben war und somit kein gutes Motiv abgab. Ich ging rechts neben der Brücke in Richtung East River bzw. South Street Seaport. Meinen Blick wandte ich dabei immer wieder dem Beekman Tower zu, der meine Aufmerksamkeit bereits den ganzen Morgen auf sich zog, weil es zum einen das höchste Wohngebäude der Vereinigten Staaten ist und zum anderen sieht das Gebäude leicht gewellt aus. Als ich die Straße entlang der Brücke in Richtung East River ging und wieder einmal nach dem Beekman Tower Ausschau hielt, konnte ich ihn nicht mehr lokalisieren, bis ich steil in den Himmel blickte, denn ich stand zu meinem Erstaunen direkt vor dem Eingang, ohne es jedoch bewußt wahrgenommen zu haben. Ich ging zur Rückseite des Gebäudes, das dort nicht mehr gewellt aussieht und zog meines Weges weiter in Richtung Fluß.

An der South Street befindet sich zunächst ein Mahnmal für die Verschollenen des Untergangs der Titanic. Direkt gegenüber hat Abercrombie & Fitch ein Ladenlokal und im gesamten Gelände der ehemaligen Hafengebäude haben noch etliche weitere Geschäfte ihren Platz gefunden. Auf mich wirkte das für Autos nicht zugängliche Gelände irgendwie unwirklich. Von außen sahen die Gebäude nach Hafen aus, aber innen befindet sich etwas anderes. Ich mußte unweigerlich ans Phantasialand denken. Ich weiß auch nicht, warum. Geradeaus lag Pier 17, wo u. a. die Water Taxis abfahren und direkt daneben (mathematisch sogar korrekt) Pier 16. Dort liegen mehrere Segelschiffe vor Anker, die vor der beeindruckenden Kulisse von Lower Manhattan ein sehr schönes Fotomotiv abgaben. Im Anschluß ging ich wieder zurück in Richtung Westen, weil ich A&F noch einen Besuch abstatten wollte. Dort fiel mir sofort auf, daß der Laden relativ leer war und es wohl mittlerweile einige T-Shirts auch in XL und XXL gibt. Hat die Firma der amerikanischen Bevölkerung genüge getan? Man weiß es nicht. Warum der Laden nicht überfüllt war, kann ich nicht beurteilen. Vielleicht lag es daran, daß es noch sehr früh am Morgen war oder aber daran, daß der Laden hier nicht so bekannt ist. Generell war South Street Seaport aber sehr leer. Ich machte mir darüber aber keine weiteren Gedanken, entdeckte gegenüber von Abercrombie & Fitch den New Yorker Roßmann namens „duanereade“ und kaufte mir eine Coke. Die Kälte der Brooklyn Bridge war zum größten Teil verschwunden und in der Sonne war es sehr angenehm.

Ich schlenderte Richtung Süden und nippte gelegentlich an meiner Cola. Zwischendurch entdeckte ich immer wieder schöne Motive, weshalb ich die Cola abstellte und meine Kamera zückte. So zog sich der Weg ein wenig in die Länge und ich verlor jeglichen Sinn für die Uhrzeit. Es gab am östlichen Ende von Lower Manhattan nicht mehr viel zu sehen und die Fußwege waren bis auf einige wenige Raucher und Arbeiter auch weitestgehend leer, aber ich fühlte mich trotzdem gut. Ich weiß nicht, warum das so ist, aber ich merke, wie ich innerlich grinse, wenn ich mich durch Lower Manhattan und den Financial District bewege. Das war schon letztes Jahr so und dieses Jahr bestätigte sich das. Und während den Blick schweifen ließ, erreichte ich die Staten Island Ferry und somit auch fast schon den Battery Park.

httpv://www.youtube.com/watch?v=UGOgob_nYPg

Bis dorthin waren es nur noch wenige Meter, die ich voller Vorfreude zurücklegte, denn gleich würde ich den südlichsten Punkt Manhattans erreichen. Als ich dort ankam, blickte ich zur Lady Liberty, der ich in diesem Jahr keinen Besuch abstatten werde und verabschiedete mich sogleich wieder von ihr, weil ich durch Castle Clinton in Richtung The Sphere ging. Von dort aus ging es weiter zu Bowling Green am Beginn des Broadway, wo seinerzeit Peter Minuit den Indianern die Insel Manahatta abgekauft hat. Vor dem Park steht der Charging Bull, der durch Polizeigitter abgesperrt war, so daß niemand auf ihm herumkletterte, wie es im letzten Jahr der Fall war. Ich ging am Bullen vorbei und näherte mich der Trinity Church, die ich aber heute nicht betrat. Das war der Punkt, rechts abzubiegen und den Weg auf der Wall Street fortzusetzen. Zumindest nur ein Teil davon, denn ich wollte ja nur einige Fotos vor der Börse und der Federall Hall machen und dann wieder zurück zum Broadway. Auch hier war die Fahrbahn durch Polizeigitter abgesperrt. Könnte das an den Protesten einiger New Yorker liegen, die im vergangenen Jahr stattfanden? Ich weiß es nicht und werde es wohl auch nicht erfahren. Ich erklomm die Stufen der Federal Hall und fotografierte die NYSE mit dem Standbild von George Washington am rechten Bildrand. Ein ähnliches Bild hatte ich auf der Homepage von Singapore Airlines gesehen und wollte das selber fotografieren. Als ich das erledigt hatte, ging ich zurück.

Ein Blick in mein iPhone verriet mir, daß ich ein McDonald’s-Restaurant in meine Notizen aufgenommen hatte, in dem Live-Klaviermusik gespielt wird. Als ich das Restaurant betrat, hörte ich nichts und sah auch kein Klavier. Mein erster Gedanke: Toll, daß die Reiseführer alle so aktuell sind! Ich war ein wenig enttäuscht und ging wieder hinaus. Da entdeckte ich oberhalb der Tür tatsächlich eine Empore, auf der ein Klavier stand. Es war also doch nicht gelogen. Ich nehme alles zurück.

Da ich zum Kaufhaus „Century 21“ gehen wollte, mußte ich eine Straße weiter nach Westen. Als ich das Kaufhaus betrat, war ich doch relativ enttäuscht. Nicht nur, daß alles ein wenig unorganisiert aussah. Es war auch alles sehr teuer. Zwar lagen die Preise bei einem Drittel des eigentlichen Preises, aber alle so um die $150. Hatte man im Internet nicht davon gesprochen, daß es hier Ray-Ban für $20 geben soll? Und Designerjeans? Die gab es auch, aber die kosteten alle über $100. Also nichts wie raus. Reine Zeitverschwendung!

Der nächste Programmpunkt war „9/11 Memorial Preview Site“, das Geschäft, in dem ich im letzten Jahr die T-Shirts und die Kaffeetassen des NYPD gekauft hatte. Ich betrat den Laden und wurde gefragt, ob ich einen Visitor Pass für das 9/11 Memorial haben wolle. Klar wollte ich das und so reihte ich mich ein in die Schlange … der vier Leute. Es ging also relativ schnell. Ich erhielt meinen Visitor Pass, spendete freiwillig $2 und las auf dem Ticket, daß ich um 12.30 Uhr am Eingang sein mußte, der jedoch einige Blocks entfernt lag. Ich hatte also noch genau 15 Minuten. Ich verschaffte mir noch einen kleinen Überblick über die – man muß es so sagen – Merchandising-Artikel, verließ das Gebäude und folgte der Beschilderung, die mich in südliche Richtung führte. Nach einigen Blocks mußte ich einmal rechts abbiegen und stand am Eingang. Der wirkte auf mich so, wie bei einem Konzert. Man mußte unter freiem Himmel sein Ticket zeigen und wurde dann entlang eines Bauzaunes geleitet. Man ging geschätzte 250 Meter und bog dabei einige Male ab, ehe man zu einem Gebäude gelangte. Dort mußte man eine Sicherheitskontrolle über sich ergehen lassen, wie sie am Flughafen üblich ist. Also Jacke aus, Geld aus den Taschen, Gürtel ausziehen und alles in graue Kisten, die durchleuchtet werden, bevor man selber auch durch eine Sicherheitsschleuse muß, hinter der man alles wieder einpacken und anziehen kann. Wieviele Menschen hier arbeiteten!!! Irgendwie hatte der 11.9. ja dann doch was „Gutes“, wenn dadurch so viele Leute einen Job bekommen haben und so viel Geld damit verdient werden kann. Und dabei berücksichtige ich noch nicht einmal all die Firmen, die den Neubau betreuen, also Bauarbeiter, Architekten, Zulieferer etc. oder diejenigen, die den ganzen Schutt abtransportiert haben. Makabre Gedanken, aber manchmal kommt einem das schon in den Sinn. Ich will mich nicht in die Richtung verlieren, daß 9/11 vielleicht wirklich inszeniert wurde, um die Wirtschaft anzukurbeln oder hier irgendwelche Verschwörungstheorien unterstützen oder verbreiten. Es waren nur meine Gedanken, während ich meine Klamotten wieder einsackte.

Nach dem Verlassen des Gebäudes führt der Weg weiter am Bauzaun entlang, ehe man den Haupteingang zum 9/11 Memorial erreicht. Der bisher zurückgelegte Weg entspricht exakt dem südlichen Ende von Ground Zero plus einem Stück der westlichen Begrenzung. Bis man den South Pool, also das Bassin des Südturms erreicht, muß man ca. 100 Meter gehen. Das Geräusch des rauschenden Wassers vernimmt man jedoch schon eher. Es war trotz der stark befahrenen West Street im Westen und des herabstürzenden Wassers irgendwie gespenstisch ruhig.

httpv://www.youtube.com/watch?v=18e0EhCeIe8

Ein jeder Besucher hatte begriffen, wo er sich gerade aufhielt und irgendwie hielt jeder am Südturm inne. Erst hier werden einem die Ausmaße der Türme in der Breite bewußt, denn die Becken sind ja genauso groß in der Ausdehnung, wie es die Türme selber auch waren. Und während man so um den South Pool geht, fängt man unweigerlich an, die Namen an der Umrandung zu lesen. Hinter jedem Namen steckt ein Schicksal und die Namen hören gar nicht mehr auf. Und als ich dort so stand und selber einen Moment lang innehalten mußte, weil ich die Bilder der Twin Towers vor Augen hatte, wie sie vor dem 11.09.2001 aussahen und was während des 11.09. hier passierte, wurde mir klar, daß das hier das Unbeschreiblichste ist, was ich jemals in meinem Leben erlebt habe. Ich hatte nicht nur einen Kloß im Hals, sondern sogar Tränen in den Augen. Und wenn sich meine Blicke mit denen anderer Besucher trafen, sah man in deren Augen ebenfalls die Fassungslosigkeit und die Spur von Entsetzen, die der 11.09.2001 in der ganzen Welt ausgelöst hat. Die Leute standen teilweise vor dem Südturm, wenn ich den Pool mal so nennen darf, und schüttelten mit den Köpfen. Und genauso ging es mir auch.

Das Gefühl, das ich im vergangenen Jahr hatte, als ich das allererste Mal an Ground Zero war bzw. in der Nähe vor St. Paul’s Chapel, hatte ich nun auch wieder. Hier spielte sich also vor etwas mehr als zehn Jahren das Unbegreifliche ab, das ich zu Hause im Fernsehen sah. Hier schlugen zwei Flugzeuge in die Twin Towers. Ich hob meinen Blick und schaute nach oben. Natürlich waren die Türme nicht mehr da, aber ich sah sie dennoch. Ich blickte nach unten und sah den Asphalt mit neu gepflanzten Bäumen. Hier türmte sich also meterhoch der Schutt auf. Hier waren nicht nur mehrere Menschen verschüttet worden und konnten doch noch gerettet werden. Nein, hier waren auch etliche Menschen verschüttet worden und wurde eben nicht mehr gerettet. War es genau die Stelle, an der ich stand, wo vielleicht einer der Körper jener Personen aufschlug, die den Sprung in die Tiefe dem Tod durch Ersticken vorzogen? Es war nicht zu begreifen! Fielen hier die Trümmerteile runter, von denen ich in so zahlreichen Büchern gelesen hatte? Oder war das die Stelle, wo sich in der unterirdischen Passage mehrere hundert Menschen retten konnten? Ich spürte ein beklemmendes Gefühl. Ich mußte hier weg und wollte doch da bleiben. Hier spielte sich Geschichte ab, aber eine Geschichte, die niemand haben wollte. Ich hatte so viel über 9/11 gelesen und nun stand ich das erste Mal an der Stelle, an der sozusagen alles begann. Doch ich hätte lieber nichts über 9/11 gelesen, weil nichts darüber geschrieben werden konnte, weil es diese unmenschliche Katastrophe niemals gegeben hatte. Dann gäbe es dieses Mahnmal nicht und mehr als 3000 Menschen würden noch leben. Und vor allen Dingen stünden die beiden Türme noch. Das wäre mir jedenfalls wesentlich lieber gewesen, aber nun war es so.

Es war an der Zeit, loszulassen. Ich ließ also die Geschichte hinter mir, drehte mich am Ausgang noch einmal um und wurde vom 9/11 Memorial auf der West Street ausgespuckt.

Das paßte ganz gut, weil ich ja eh zum World Financial Center und dem dortigen Winter Garden wollte. Ich überquerte die West Street und ging Richtung Hudson. So gelangte ich hinter die Häuserreihe und der Winter Garden mußte meinen Berechnungen zufolge einen Block entfernt sein. Ich mußte jedoch zunächst ein weiteres Gebäude umrunden, ehe ich einen Eingang erspähte. Doch irgendwie sah das nicht so aus, als ob da jeder Normalsterbliche (Welche Wortwahl so unmittelbar nach dem 9/11 Memorial!) Zugang erhalten würde, denn die Türen sahen sehr klein aus und waren zumindest nicht mit „Winter Garden“ beschriftet. Ich ging trotzdem durch und stand … im Winter Garden. Am Ende des Gebäudes gegenüber der Bühne befindet sich eine Treppe, die ich nach oben ging, weil ich von da aus einen besseren Überblick über den gesamten Innenraum hatte. Zudem konnte man von dort in Richtung gegenüberliegende Baustelle schauen, wo gerade 1WTC entsteht. Das Gebäude hatte ich zwar vom 9/11 Memorial und auch vorher schon etliche Male fotografiert, aber noch nicht aus dieser Perspektive. Danach ging ich die Treppe wieder hinunter, weil ich von oben gesehen hatte, daß unterhalb ein Ein-/Ausgang lag. Mir schwante schon, daß es sich dabei um den Eingang handeln könnte, den ich im vergangenen Jahr für einen nicht öffentlichen Eingang gehalten hatte und deshalb auf dem Absatz kehrt gemacht hatte. Als ich durch die Tür ins Freie trat, bestätigte sich meine Vermutung. Ich mußte leicht schmunzeln. Wäre ich also letztes Jahr einfach durch die Tür gegangen, hätte ich den Winter Garden damals schon gesehen. Na ja, jetzt hatte ich ihn ja gesehen.

Mein Weg führte mich über die Fußgängerbrücke zurück, über die ich letztes Jahr in Richtung World Financial Center gegangen war. Am Ende der Treppe nutzte ich auch dieses Jahr die Lücke, um ein Foto zu machen. Dabei erinnerte ich mich an letztes Jahr. Damals war ich übrigens auch mittwochs hier gewesen. Am Ende der Fußgängerbrücke, die entlang des Bauzaunes in Richtung St. Paul’s Chapel führt, machte ich einen kleinen Schlenker nach links, weil ich „The Cross“ fotografieren wollte. An der Stelle, an der vor einem Jahr das Kreuz aus zwei Stahlträgern des WTC stand, stand nun ein anderes Kreuz. Wahrscheinlich wurde „The Cross“ auch schon in das Museum des 9/11 Memorial geschafft, welches derzeitig noch geschlossen ist, weil innen noch gebaut wird. Anschließend ging ich noch einmal in das Ladenlokal von „9/11 Memorial Preview Site“ und kaufte ein paar Andenken. Dabei ließ ich Kleidung komplett außen vor. Übrigens fiel mir auf, daß ich damit das vierte Mal in diesem Laden war, denn letztes Jahr war ich zweimal hier und heute auch.

Ich ging ein ganzes Stück weit über die Church Street, wechselte dann auf den West Broadway und ging bis zur Franklin Street. Nun befand ich mich mitten in TriBeCa, einem Stadtteil von Manhattan, in dem u. a. Robert de Niro, Jay-Z, Beyoncé und Mariah Carey wohnen. An einer Straßenecke der Franklin Street sollte sich eine Feuerwache befinden, die im Film „Ghostbusters“ deren Hauptquartier darstellte. Als ich an der Kreuzung ankam, konnte ich das Gebäude allerdings nicht finden. Ich war schon ein wenig enttäuscht, als ich beschloß, einen Block zu umrunden und als ich am gegenüberliegenden Ende des Blocks ankam, sah ich die Feuerwache doch. Nach ein paar Fotos drehte ich ab und ging zur Subway, von wo aus ich in Richtung Times Square fuhr.

Unterwegs beschloß ich, daß ich „Madame Tussauds“ einen Besuch abstatten könnte. Ich hatte zwar bislang von einigen Besuchern gehört, daß das Ganze (logischerweise) sehr amerikalastig sein soll, aber ich wollte mir selber ein Bild machen. Ich wußte schon, daß der Eintritt $36 kostet zzgl. New York Tax, was den Preis auf etwas mehr als $38 schraubte. Eigentlich ein viel zu hoher Preis. Aber die Umrechnung von Dollar in Euro in D-Mark erspare ich mir an der Stelle. Nachdem man ein Ticket erworben hat, begibt man sich eine Treppe nach oben, wo man von einer freundlichen Dame gefragt wird, ob man ein Foto von sich in den Händen von King Kong haben möchte. Das Foto wird mit der eigenen Kamera aufgenommen, so daß es nichts kostet. Vor mir waren vier Mann an der Reihe, so daß ich auf das Foto verzichtete und eine weitere Treppe nach oben ging, wo man auf einen Aufzug warten mußte, der einen dann in die neunte Etage brachte. Und dort begann der eigentliche Rundgang im Wachsfigurenkabinett. Nach Themen sortiert stehen die Figuren mitten im Raum oder an dessen Rand. Und so wird man von Etage zu Etage immer tiefer geführt, bis man in der fünften Etage ankommt, von wo aus man mit dem Aufzug in Richtung Erdgeschoß gebracht wird, wo sich der Ausgang befindet.

Zwischendurch durfte (oder mußte) man sich noch einen 4D-Film namens „Happy Feet“ anschauen, der mich allerdings nicht sonderlich vom Hocker riß. Die ausgestellten Figuren waren bekanntermaßen sehr gut nachgebildet und ließen sich schön anschauen. Wenn man mal davon absieht, daß pro Themengebiet maximal zwei Personen für einen Deutschen nahezu unbekannt sind, dann ist das meiner Meinung nach ein guter Schnitt. Vor dem Ausgang befindet sich der typische Souvenir-Shop, der sich allerdings auch nur bedingt von den Shops anderer Madame Tussauds unterscheidet. Logischerweise bekommt man hier die Freiheitsstatue und das Empire State Building als Nachbildung zu kaufen, während es in Berlin eben das Brandenburger Tor ist, aber im Endeffekt wird in beiden Shops das gleiche verkauft.

Während ich auf den Aufzug wartete, entdeckte ich übrigens an den Wänden die Handabdrücke einiger Prominenter bzw. waren es eher die Nachbildung der Hände. Es ist immer wieder lustig, die eigenen Hände mit denen der Stars zu vergleichen. Ich hätte zum Beispiel nicht gedacht, daß die Hände von Michael Jackson genauso groß waren wie meine.

Nach Verlassen des Wachsfigurenkabinetts ging ich in Richtung Times Square zurück, wo ich mich in den Untergrund zur Subway verabschiedete und dort dann noch etliche hundert Meter zurücklegen mußte, ehe ich den Bahnsteig der Linie 7 im zweiten Untergeschoß erreichte. In Queens kaufte ich mir noch eine 2-Liter-Flasche Cola, denn zum einen waren die kleinen Flaschen auf die Dauer zu teuer und zum anderen hatte der Drugstore endlich wieder welche. Über den Preis von $2,25 für 2 Liter kann man wirklich nicht meckern. Hier lohnt sich dann auch die Umrechnung in Euro und der Vergleich mit den Preisen in Deutschland.

Im Anschluß ließ ich den Tag auf dem Hotelbett ausklingen und während ich die Fotos des Tages sichtete und eine Auswahl bei Facebook einstellte, überlegte ich mir schon, was ich am morgigen Tag machen könnte.

Donnerstag, 19.01.2012 (Tag 4)

Als ich morgens aufwachte und die Wetter-App auf meinem iPhone öffnete, wurde mir klar, warum ich nachts häufiger davon aufwachte, daß die Heizung ansprang, denn das Display zeigte mir -7 Grad Celsius an. Gut, es war noch sehr früh am Morgen und im Verlauf des Tages sollte das Thermometer bis auf vier Grad ansteigen und sonnig sollte es werden. Ich begab mich unter die Dusche, nahm meine Stadtpläne mit zum Frühstückstisch und plante während des vorletzten Breakfast meinen Tag, dessen Ablauf ich mir schon fast überlegt hatte.

Heute sollte der Trip in Richtung Central Park gehen. Starten wollte ich am Columbus Circle. Und auch heute habe ich mein vorgenommenes Pensum geschafft! Ich fuhr also wie immer mit der Linie 7 bis zum Times Square und stieg dort in die rote Linie 1 um, mit der ich lediglich zwei Stationen bis zum Columbus Circle fahren mußte. Als ich dort ausstieg, umrundete ich den Platz einmal, fotografierte alles, was ich mir vorher ausgeguckt hatte (Time Warner Center, Hearst Tower und das Columbus-Monument) und ging dann die Straße „Central Park West“ in Richtung Norden, also am linken Ende des Central Parks entlang. Übrigens ist das Columbus Monument der Punkt, von wo aus und bis zu dem alle Kilometerangaben berechnet werden, die New York City betreffen. Ich ging einige Blocks, bis ich das Ghostbusters Building zu meiner Linken sah. Das ließ ich nach einem kurzen Aufenthalt links liegen und ging weiter bis zum Dakota, in dem John Lennon bis zu seiner Ermordung wohnte und vor dessen Eingang er erschossen wurde. Dort bog ich nach rechts in den Central Park ab und wollte den Weg in Richtung 5th Avenue gehen, den ich vor einem Jahr in entgegengesetzte Richtung ging. Die zwei weiteren Blocks bis zum San Remo ersparte ich mir und fotografierte das Gebäude, in dem Bruce Willis und Steven Spielberg eine Wohnung haben, vom Park aus. Ich durchquerte Strawberry Fields, wo dieses Mal deutlich mehr los war als vor 12 Monaten und ging weiter in Richtung südöstliche Ecke. Auf meinem Weg durch den Central Park wollte ich in jedem Fall ein Foto vom Wollman Memorial Rink bzw. Trump Wollman Skating Rink machen. Doch urplötzlich, als ich mich an der Ruhe in diesem gigantischen Park erfreute und den vorbeifahrenden Kutschen zusah, hatte ich (wieder einmal) leicht die Orientierung verloren. Ich wußte zwar immer noch, in welche Richtung ich ging, aber war ich jetzt schon zu weit gegangen und konnte die Eisbahn, wenn ich dem Wegesverlauf folgen würde, nicht mehr erkennen? Oder würde ich noch an der Eisfläche vorbeikommen? Sofort fiel mir ein, daß ich mal in einem Reiseführer gelesen hatte, daß man sich sehr wohl im Central Park verlaufen kann, was ich damals nicht für möglich hielt, weil man als Orientierung ja weitestgehend die am Rand stehenden Häuser hatte, doch heute war es mir selber passiert, wobei ich mich ja nicht wirklich richtig verlaufen hatte. Aber daraufhin schaute ich mir die vielen Wege an, die doch dazu führen können, daß man von seinem eigentlich eingeschlagenen Weg weit abweichen kann.

Ich kam schließlich genau an einer Anhöhe an, von der aus man einen herrlichen Blick über die Eisfläche hatte und war also nicht schon zu weit gelaufen. Nachdem ich ein paar Fotos gemacht hatte, ging ich zurück zum asphaltierten Weg und bemerkte, daß in diesem Jahr trotz der Kälte viel mehr Leute im Park unterwegs waren als im letzten Jahr, als die Grünflächen vom Schnee bedeckt waren. Als ich den Park an dessen südöstlicher Ecke verließ, fotografierte ich The Plaza und den gegenüberliegenden Apple-Store, bevor ich die 5th Avenue in Richtung Süden ging. Übrigens ist mir auf meinem ganzen Weg über die 5th Avenue nicht ein einziger McDonald’s aufgefallen. Das paßt anscheinend nicht zwischen Bulgari, Versace, Cartier und Co. Ich ging die wenigen Blocks bis zum Trump Tower und bog dort links ab, weil hinter dem Trump Tower Niketown beheimatet ist und dahinter wiederum das ehemalige IBM Building, dem in den untersten Stockwerken eine Ecke fehlt, was architektonisch so gewollt ist (Nicht, daß jetzt einer denkt, die Ecke sei rausgebrochen.). Auf der einen Straßenseite ging ich hin und auf der anderen Seite wieder zurück. Niketown habe ich nicht betreten, denn dort sah es nicht wie in einem Sportgeschäft aus, sondern wie in einer Boutique. Da nahmen sich der amerikanische Branchenführer und der deutsche Sportartikelriese adidas wohl nicht viel. Und der Besuch bei adidas reichte mir, um bereits durch die spärlichen Schaufenster erkennen zu können, daß hier mit Sicherheit keine Schnäppchen zu machen waren. Also ging ich wieder bis zur 5th Avenue und betrat den Trump Tower, weil ich den dreistöckigen Wasserfall noch einmal mit meiner neuen Kamera fotografieren wollte. Im letzten Jahr war ich noch mit der Rolltreppe nach oben gefahren und dieses Jahr ging ich im Anschluß an das Foto geradeaus durch ins Atrium von Trump Tower und Niketown, das ich jedoch direkt rechtsseitig wieder verließ, um dann die wenigen Meter zurück zur 5th Avenue zu gehen.

Ich überquerte die Straße und betrat den Shop von Abercrombie & Fitch. Und was ich im letzten Jahr noch atemberaubend und hochinteressant fand, empfand ich nun als normal. Lag es daran, daß es mittlerweile in Köln auch einen Hollister-Store gibt, der von der Aufmachung gleich ist und man das Gefühl der Exklusivität hier jetzt nicht mehr hatte? Ich weiß es nicht. Mir kam es so vor, als ob wesentlich weniger Waren ausgelegt waren und da Abercrombie & Fitch ja seit November auch einen Shop in Düsseldorf betreibt, mußte ich mir hier und jetzt nicht unbedingt etwas kaufen, denn das hieße ja, daß ich den Einkauf würde tragen müssen. Und bei der noch zurückzulegenden Wegstrecke und der Kälte war es besser, wenn man die Hande ab und an mal in den Hosentaschen vergraben konnte, denn ich hatte mich am Morgen wieder gegen die Handschuhe entschieden, weil ich halbwegs freie Hand beim Fotografieren haben wollte.

Weiter ging es auf der 5th Avenue in Richtung Süden. Dabei schlenderte ich mehr und ließ die Umgebung auf mich wirken. Ich bog jedoch einmal noch nach links ab, um mir ein Stück Berliner Mauer anzuschauen, das dort in einem Innenhof aufgestellt ist. Als ich an besagter Stelle vorbeiging, war dort eine Garagenzufahrt und keine Berliner Mauer, was mich zu dem Schluß hinreißen ließ, daß die Mauer dann bestimmt rückseitig steht. Ich bin also zweimal rechts abgebogen und wieder in Richtung 5th Avenue gegangen und als ich an der betreffenden Stelle in der Mitte des Blocks ankam, standen fünf Mauersegmente vor mir. Die New Yorker gingen alle achtlos an ihr vorbei oder standen vor den Türen und rauchten, ohne der Mauer Beachtung zu schenken. Ich war der einzige Mensch, der sich für sie interessierte. Gut, für diejenigen, die dort rauchenderweise standen, war die Mauer nichts Außergewöhnliches mehr, wenn sie sie jeden Tag sehen und an ihr jeden Tag vorbeigehen. Ich weiß nicht, was ich erwartet hatte. Jedenfalls nicht diesen Standort, so eingepfercht zwischen zwei Hochhäusern in einem kleinen Vorhof mit ein paar Stühlen davor. Auf mich wirkte es ein wenig traurig, wie sie da so einsam und verlassen stand. Ich meine, das, was da vor mir stand und vor Euch rauchenden New Yorker, hat mein Volk 28 Jahre geteilt und etliche Schicksale besiegelt. Aber vielleicht muß man entweder aus Deutschland kommen oder sich für die Zeitgeschichte interessieren, um auch so denken zu können. Und wer weiß schon, an wievielen bedeutenden Punkten für die New Yorker ich achtlos vorbeigerannt bin. Ich hatte jedenfalls meine Fotos und konnte weiter in Richtung Rockefeller Center, denn es sollte ein Besuch der Aussichtsplattform „Top of the Rock“ folgen.

httpv://www.youtube.com/watch?v=22kbtDbG6sQ

Das war mein Highlight des letzten Besuches. An der Kasse im Untergeschoß standen wieder nur wenige Leute an, so daß die, die durch ihr Voucher einen Vorteil hatten, weil sie an der richtigen Ticketschlange vorbeigehen konnten, dieses Mal wieder keinen Vorteil hatten, denn dort standen zwei Personen an und bei mir keiner. Ich kam also sofort dran und war eher fertig als die Voucher-Fritzen. Herrlich! Und schon ging es mit dem Aufzug nach oben. Jetzt mache ich ein Video von der Fahrt nach oben, weil die Decke des Aufzuges ja durchsichtig ist. Als wir den Fahrstuhl verließen und alle Leute direkt an den Fenstern stehenblieben und sich am Ausblick erfreuten, verschwendete ich damit keine Zeit, überholte alle Gaffer und machte mich auf den Weg nach ganz oben, zu dem Punkt, den die Gaffer – wenn überhaupt – erst sehr viel später entdecken würden. Ich fotografierte in beide Richtungen, wechselte die Objektive und zoomte an einige Objekte heran und merkte, wie so langsam meine Finger abfroren, denn hier oben war es wieder deutlich kühler als unten auf der Straße, wo der Wind auch schon beachtlich um die Ecken pfiff. Und während ich auf der obersten Plattform stand, dem Himmel wieder ganz nah, wunderte ich mich erneut darüber, wie leer es doch generell hier oben war. Kein Gedränge an den Scheiben, kein Geschiebe auf den Rolltreppen. Es war ganz einfach wieder wunderschön. Zwar nicht mehr unbedingt vergleichbar mit dem ersten Besuch, aber das ist ja im Leben immer so. Als ich dieses Mal alles ausreichend gesehen hatte, ging ich zum Fahrstuhl und fuhr wieder nach unten. Ich wußte einfach, daß ich beim nächsten Mal wieder dort oben sein würde und freute mich schon darauf, weil der Ausblick einfach sensationell ist.

Ich ging unter dem Gebäude durch die Concourse-Ebene, an der sich zahlreiche Freßbuden versammeln. Von einer der Buden hat man auch einen herrlichen Blick über die Eisfläche auf der Plaza. Ich befand mich also sozusagen im Kellergeschoß des Rockefeller Centers. Ich ging in Richtung Ausgang zur 5th Avenue und kam genau gegenüber von St. Patrick’s Cathedral wieder ans Tageslicht. Mein nächster Besuch sollte dem NBA-Store gelten, weil ich wissen wollte, ob sich dort zum einen etwas verändert hatte und zum anderen, ob es dort vielleicht günstige Sport-T-Shirts gab. Was soll ich sagen? Ich habe den Laden nicht mehr gefunden. Dort, wo er eigentlich sein sollte, war er nicht. Meine abendliche Internetrecherche führte jedoch exakt zu der Stelle, wo der Laden nicht war. Ich verbuchte das unter meiner Blindheit und hakte das schnell ab. Weiter ging es zum NHL-Store. Dafür mußte ich zur Avenue of the Americas, wie die 6th Avenue auch heißt, gehen. Als ich dort ankam, lag der Store im Block gegenüber. Und genauso schnell, wie ich den Laden betreten hatte, verließ ich ihn auch wieder. Eishockeytrikots schön und gut, aber $170??? Runtergesetzte Ware war auch wieder keine zu finden, so daß ich innerlich schimpfend und kopfschüttelnd das Geschäft wieder verließ. Auf der anderen Straßenseite entdeckte ich das goldene M und überlegte kurz, ob ich meinem Hunger nachgeben sollte oder nicht. Ich entschied mich für nicht nachgeben und spazierte weiter in Richtung Westen. Wenn meine Berechnung stimmen würde, käme ich am Duffy Square an und genauso war es auch. Dort strahlte mich wieder so ein großes M an und jetzt war es soweit: Zwei Cheeseburger für $3,68. Wenn das mal kein Schnäppchen ist! Das McDonald’s-Einmaleins hat sich wohl noch nicht bis hierhin rumgesprochen. Was soll’s! Ist ja Urlaub! Ich ging auf der gegenüberliegenden Straßenseite, die hier allerdings gut und gerne 80 Meter entfernt ist, weil es ja eigentlich zwei Straßen sind, die hier parallel nebeneinander laufen, nämlich Broadway und 7th Avenue, in einen von außen gut anzuschauenden Souvenir-Shop, der in der Tat alles hatte, was man brauchte und was man auch nicht brauchte. Dort vertrieb ich mir ein wenig die Zeit, wärmte mich auf und verließ das Gebäude wieder. Und als ich die nächsten Schritte ging, entschied ich, daß ich noch einmal die Straßenseite wechseln und beim Planet Hollywood schauen wollte. Doch auch dieses Mal war mich das Angebot nicht um. Die T-Shirts waren meiner Meinung nach von miserabler Qualität und den Preis von $22,95 nicht wert. Da war ich von Planet Hollywood Besseres gewohnt, so daß ich nichts kaufte und wieder auf die Straße ging. In Richtung Süden befand sich ein Duanereade, wie ich mittlerweile wußte und dort konnte ich mir etwas zu trinken kaufen, was ich auch tat. Nach dem Genuß der Flasche Mountain Dew für $2,22, wovon 23 Cent New York Tax sind, an der Ecke 42nd St/Broadway überlegte ich, ob ich noch bis zum Herald Square gehen sollte, denn die rote Tasche von Macy’s konnte ich gerade noch so erkennen, aber meine schmerzenden Füße flehten mich an, ich möge die Subway Richtung Queens nehmen. Mein Rücken meldete sich auch sofort und nutzte die Gunst der Stunde, während ich die Einkaufstasche von Macy’s fixierte. Und als ob sich alles gegen mich verschworen hatte, bat mich mein Körper nun doch, vernünftig zu sein, denn die Eiseskälte machte sich ebenfalls bemerkbar. Meine Haut im Gesicht spannte und das Gefühl in meinen Fingern hatte sich schon vor einigen Metern verabschiedet. Aber waren wir hier in Stalingrad bei arktischen Minustemperaturen? Nein! Also konnte es ja weitergehen. Als ich bereit war, den Kampf mit meinem Körper aufzunehmen, hatte der bereits klammheimlich die Oberhand gewonnen, so daß jetzt so langsam auch mein Gehirn an mich herantrat und mir ins Ohr flüsterte, wie warm es doch im Hotel ist und wie schön es sein kann, die Füße hochzulegen. Ich blickte innerlich einmal kurz auf und schrie „Ist ja gut! Ihr habt mich überredet!“ und ging in Richtung Subway.

Und so ging der vorletzte Tag in New York City durchgefroren zu Ende.

Freitag, 20.01.2012 (Tag 5)

Am Morgen wurde mir so langsam wirklich klar, daß heute der letzte Tag war. Bis um 11 Uhr mußte ich das Zimmer verlassen und ausgecheckt haben. Auch wenn es mit Sicherheit nicht mein letzter Besuch hier in New York gewesen sein wird, so schmerzt trotz aller Vorfreude auf die Lieben zu Hause der Abschied dann doch ein wenig.

Als ich aus der Dusche hüpfte und rasiert war, surfte ich noch kurz im Internet, weil ich mich inspirieren lassen wollte, was ich in den letzten Stunden denn noch so alles tun könnte. Mir gingen verschiedene Denkmodelle durch den Kopf. Sollte ich noch einmal nach Downtown fahren, weil es mir dort so gut gefällt? Wobei „gut gefällt“ nicht unbedingt das Attribut ist, auf das Downtown den einzigen Anspruch erhebt. Dann wäre da noch die 5th Avenue, die ich auch immer wieder faszinierend finde. Dazu paßte eigentlich ganz gut, daß ich dort am gestrigen Tage nicht nur ein paar nette T-Shirts, sondern auch Jogginghosen gesehen hatte. Und genau solch eine Hose könnte ich für den Flug sehr gut gebrauchen. Vielleicht böte sich dann nochmals ein Abstecher in den Central Park an, wobei es zu Hause ja Grünflächen und Parks genug gibt. Warum also hier in New York unbedingt in den Park? Okay, ein bißchen anders ist der Central Park ja schon. Ich konnte mich nicht so recht entscheiden und ging zunächst einmal zum allerletzten continental breakfast, das wie immer aus einem Brötchen mit Erdbeermarmelade, einem Bagel mit Philadelphia, einem Donut und zwei Bechern apple juice bestand. Ich blätterte während des Essens in den Straßenkarten und dachte sogar kurzzeitig daran, mich bis zur 90. Straße vorzukämpfen, um das Guggenheim-Museum auf meiner Liste abhaken zu können. Ein Foto würde reichen, so wie es im letzten Jahr beim MoMA auch gereicht hat, was ich auch am letzten Tag noch aufgesucht hatte. Okay, Guggenheim-Museum ist gekauft. Also mit der 7 bis Grand Central und dann mit der grünen 4, 5 oder 6 bis zur 86th Street. Von dort aus waren es drei Blocks bis zur 5th Avenue und dann zwei weitere in Richtung Norden zum „Schneckenhaus“.

Man hat ja immer so seine Vorstellungen, wie es irgendwo aussieht, wenn man noch nie dort war. Auch ich habe mir das Areal rund um die 86. Straße in meiner Phantasie vorgestellt. Ich dachte, daß die Straßen in Richtung Norden immer leerer werden würden. Und als ich die Subway an der 86th Street verließ, war ich auf das Schlimmste gefaßt. War ich dort der einzige Weiße? Oder gar der einzige Mensch, der die Straße bevölkert? Würden mich zwielichtige Gestalten, die in Hauseingängen rumlungern oder um eine brennende Mülltonne versammelt sind, argwöhnisch ansehen? Gut, ganz so schlimm stellte ich mir das nicht vor, aber ich rechnete damit, daß die Straßen zumindest eben nicht mehr so stark frequentiert sein würden, doch in alledem hatte ich mich getäuscht. Es herrschte dort ein eben so starkes Treiben wie dreißig Blocks weiter südlich. Niemand nahm auch nur ansatzweise von mir Notiz, so daß ich völlig unbehelligt wie all die Tage zuvor in Richtung Central Park bzw. 5th Avenue marschieren konnte. Dort angekommen, fotografierte ich schnell die „Neue Galerie“, die sich mit deutscher und österreichischer Geschichte des 20. Jahrhunderts bzw. dessen Anfänge beschäftigt und sich nicht die Mühe gemacht hat, einen amerikanischen Namen zu suchen. Und schon konnte ich rechts abbiegen und nach zwei Blocks sah ich das weiße auf dem Kopf stehende Schneckenhaus. Sieht ja schon – sagen wir – irgendwie anders aus. Nicht schön, nicht häßlich, nur anders. Und es paßt so gar nicht in die ansonsten eckigen Bauten. Nach der obligatorischen Fotosession wollte ich unbedingt das Jaqueline Kennedy Onassis Reservoir im Central Park begutachten, um mir dessen tatsächliche Größe vor Augen zu führen, doch leider war der Central Park von der 5th Avenue durch eine ca. drei Meter hohe Mauer abgegrenzt, so daß man noch nicht einmal über die Mauer gucken konnte. Doch einen Block weiter sah ich etwas, das nach Einfahrt oder Eingang aussah und ging bis zur 90. Straße. Nördlicher würde ich diesen Aufenthalt nicht mehr kommen.

Ich ging durch die breite Einfahrt und mußte im Anschluß noch zwei Treppen nach oben steigen und da lag der See vor mir. So groß hatte ich mir das dann doch nicht vorgestellt. Wenn man sich diesen See anschaut und den Central Park auf einer Karte vor sich hat, dann hat man ungefähr eine Ahnung, wie groß dieser Park wirklich ist. Ich ging auf der den See umgebenden Laufbahn in Richtung Süden. Die Laufbahn ist allerdings ein asphaltierter Weg, der allerdings extra für die vielen Jogger angelegt wurde und auch in den Karten des Central Park so ausgewiesen und eingezeichnet ist. Als ich am Südende des Reservoirs angekommen war, hatte mich der Weg auch ein wenig von der 5th Avenue weggeführt, so daß ich erst einmal weiter marschierte. Eigentlich wollte ich ja wieder zurück zur Subway an der 86., aber momentan war daran nicht zu denken. Hatte ich eigentlich bereits erwähnt, wie kalt es an diesem See war? Unfucking faßbar, lieber Rea Garvey. Und wo waren meine Handschuhe? Natürlich! In der Tasche, die ich dankenswerter Weise nach dem Auschecken im Hotel deponieren konnte. Da stand sie nun und hatte nicht nur die schwere Last meines Handgepäcks zu tragen, sondern begrub in ihrem Inneren auch das, was ich jetzt am nötigsten gebraucht hätte. Bevor mir die Finger gänzlich abfroren, steckte ich die Kamera weg und die Finger in die Taschen. Die lange Unterwäsche lag übrigens schön warm unter den Handschuhen. Und das bei -4 Grad Außentemperatur!

httpv://www.youtube.com/watch?v=Rn2fKNtiHsg

Ich ging ein wenig schneller, in der Hoffnung, daß mir dadurch warm würde, wurde aber immer wieder durch die Schönheit dieses Grüngeländes aus meinem Marsch gerissen, so daß ich verlangsamen und die Kamera aus der Tasche holen mußte. Und ehe ich mich versah, war ich schon wieder fünf Minuten mit Kamera in der Hand gegangen. Kaum hatte ich die wieder in der Tasche verstaut, entdeckte ich ein neues tolles Motiv. Ich tröstete mich damit, daß die Handschuhe dabei eh nur gestört hätten. Ich ging um das Metropolitan Museum of Art und kam der Straße immer noch nicht näher, aber auch das war mir mittlerweile egal. Ich hatte noch genug Zeit, war in der schönsten Stadt der Welt, an deren ruhigsten Ort. Und so ging ich und ging und ging…

An die Subway hatte ich schon gar nicht mehr gedacht. Hin und wieder blieb ich an einem im Park aufgestellten Wegweiser stehen und sah, wo ich mich befand. Und auf einmal schien The Plaza zum Greifen nahe, denn ich befand mich vor dem Eingang des Central Park Zoos. Ich war doch tatsächlich an der 5th Avenue angekommen! Zwar anders, als ich mir das vorgestellt hatte, aber genau hierhin wollte. Diejenigen, die sich in New York ein wenig auskennen, wissen, daß Central Park South, also die Straße, die am südlichen Rand des Central Park entlangführt, in die 59th Street übergeht. Ich war also gerade mal eben 31 Blocks gegangen!

Dieser Umstand alleine freute mich schon, aber die Tatsache, daß ich mich ein letztes Mal auf der Flaniermeile bewegte, steigerte meine Freude in Begeisterung. Ich guckte mir noch einmal alle Hochhäuser an, blickte nach links, blickte nach rechts und schaute den Menschen hinterher, die in ihrer typisch hektischen Art förmlich über die Avenue rannten. Ich wäre fast an Abercrombie & Fitch vorbeigelaufen, erinnerte mich aber noch früh genug, daß ich dort noch nach etwas Ausschau halten wollte. Wie immer hielt man mir die Tür auf (Was jetzt nicht unbedingt an mir lag, denn das machen die Jungs ja mit jedem Kunden.) und ein freundliches „Hello! How are you?“ schallte mir entgegen. Einer Runde im Erdgeschoß folgte eine im Basement, eine auf dem 2nd floor und eine auf dem 3rd floor. Jogginghosen hatte ich entdeckt, für gut befunden und konnte mich nur nicht zwischen dem reichhaltigen Angebot entscheiden. Nach einer Weile reifte eine Entscheidung heran und auf ging es zur Kasse. T-Shirts und Parfum wurden übrigens nicht gekauft. $70 ärmer, aber gut ausgerüstet für den Rückflug verließ ich Abercrombie & Fitch und der Menschenstrom riß mich sofort mit in Richtung Süden. Und wieder das altbekannte Spiel: Hier ein Blick, da ein Foto, da immer noch ein großes Staunen – wenn auch nur noch in meinem Inneren – und schon war ich wieder mal am Rockefeller Center angekommen. Das liegt rund um die 50. Straße. Ich hatte also 40 Blocks hinter mir. Ich bog rechts ab und ging vorbei am GE Building, wo ich von der Straße noch einen Blick in das Fenster im ersten Obergeschoß war, wo sich der Warteraum von Top of the Rock befindet. Nach drei Blocks kam ich hinter dem Duffy Square an und war somit den Weg vom ersten Tag gerade in umgekehrte Richtung gegangen. Heute ging ich in den m&m-Shop, in dem es gräßlich stank (so wie im Schokoladenmuseum), so daß ich nach kurzer Verwunderung, was es alles zu kaufen gibt, sofort wieder nach draußen stürzte.

Ich war auf der Suche nach „Century 21“, das es in Höhe des Ticketschalters geben sollte. Unterwegs wurde ich alle paar Meter von Männern oder Frauen angesprochen, ob ich Karten für Stand-Up-Comedy haben wollte oder für eine Late Night Show oder oder oder. Ich lehnte alles ab und teilte einem der Werber so im Gehen mit, daß heute mein Flieger nach Hause gehe, woraufhin er mich fragte, woher ich denn käme. Als ich geantwortet hatte, lächelte er und sagte „Tschüß“. Witzig!

httpv://www.youtube.com/watch?v=__oVS3S5IWU

Ich fand trotz intensivster Suche den Laden aber nicht, was ich darauf zurückführte, daß es den Laden wohl auch nicht mehr gibt oder im Internet mal wieder nur Mist gestanden hatte. Weiter ging es zum Times Square, wo ich den Verkaufsraum von Bubba Gump Shrimps betrat, um mir die dortigen Klamotten anzuschauen, die feilgeboten wurden. Aber auch die Qualität überzeugte mich nicht. Warum waren mittlerweile eigentlich alle T-Shirts so dünn? Wird denn überall gespart? Warum sind die T-Shirts denn dann nicht preiswerter? Na ja, Gedanken wurde beiseite gewischt und schon stand ich wieder in der Kälte. Ich fotografierte eine Ansammlung von ca. 15 New Yorker Polizisten, die mich aber nicht sonderlich beunruhigte. Würde man so etwas in Deutschland sehen, rechnete man wohl augenblicklich damit, daß irgendwo eine angeschossene Geisel herausgelaufen kommt oder dergleichen. Hier fand ich das jedoch nicht besorgniserregend.

Übrigens liegt der Times Square, den ich mittlerweile erreicht hatte, an der 42nd Street und losgelaufen war ich an der 90th Street. Puh! Und genau jetzt machten sich meine Füße bemerkbar. Fast an der gleichen Stelle, wo sie es einen Tag zuvor auch taten. Die Kälte konnte mich mal. Hände in den Taschen vergraben war seit der 56th Street nicht mehr möglich, weil ich eine Tasche von Abercrombie & Fitch in der Hand hielt. Hatten die eigentlich auch Handschuhe?

Ich stiefelte die Treppen zur Subway nach unten, obwohl ich den Bank of America Tower in absoluter Reichweite wähnte und von dort aus war es nicht mehr weit zu Grand Central, denn dort wollte ich jetzt hin. Doch wie in Trance latschten meine Füße die Treppen hinunter. Mein Verstand wollte sie gerade noch aufhalten. „Ihr wißt doch mittlerweile, wie verzweigt das Subway-Tunnelsystem gerade hier am Times Square ist und an Grand Central ist es auch nicht anders. Warum also erst zwei Etagen nach unten und nachher wieder nach oben, wenn man bis dahin schon fast da wäre?“ Doch die Füße hörten nicht, sie gingen einfach weiter, bis sie am Bahnsteig der Linie 7 angekommen waren. Mein Verstand hatte natürlich recht. Ich war unterirdisch wieder so weit gegangen, daß ich wohl wirklich zumindest schon am Bank of America Tower wäre. Der Kardinalsfehler passierte mir aber dann, als ich zwei Stationen später ausgestiegen bin. Da gehe ich doch auf dem Bahnsteig glatt in die falsche Richtung und klettere die Treppen hinter dem Chrysler Building nach oben. Ich Idiot! Ich wußte nicht, ob ich mich über mich selber ärgern oder lachen sollte. Also ließ ich beides. Zu sehr schmerzten mittlerweile meine Füße, als daß es sich gelohnt hätte, die letzten Minuten an New Yorker Luft damit zu verbringen.

Ich ging also die falsch gelaufenen Meter wieder zurück und konnte so wenigstens noch ein allerletztes Mal über den Boden von Manhattan stolzieren, bevor ich dann in Grand Central Station verschwand – übrigens zufälligerweise genauso, wie ich es vor einem Jahr auch tat. Da begann auch alles in Grand Central und endete auch dort wieder. Doch was damals durchaus geplant war, war dieses Mal mehr dem Zufall oder meiner Dummheit geschuldet. Ich hatte vor, mir noch ein paar Minuten der Zeit zu vertreiben, indem ich beim Squash-Turnier zuschauen wollte, doch dort spielten sich nur einige der Profis ein und so wanderte ich noch ein wenig in dem riesengroßen Bahnhof umher. Im Internet hatte ich gelesen, daß es hier auch deutsche Zeitungen geben soll. Leider fand ich nur den Spiegel und einige Modezeitungen, so daß ich unverrichteter Dinge wieder abzog. Ich ging ins Kellergeschoß, wo sich die Freßbuden aneinanderreihen und besuchte die Whispering Gallery vor der Oyster Bar. Leider gab es niemanden, mit dem ich ausprobieren konnte, ob das wirklich klappt, was man der Whispering Gallery nachsagt. Aber es steht in so vielen Reiseführern, daß es wohl stimmen wird. Aber irgendwann kommt der Tag…

Ich nahm noch einige Videos auf, damit diejenigen, die es mit Udo Jürgens sagen können, nämlich noch niemals in New York waren, sich ein Bild davon würden machen können. Als ich das ausreichend getan hatte, entschied ich, daß es an der Zeit war, Abschied zu nehmen. Kurz und schmerzlos drehte ich mich um und ging in Richtung Subway. Die Linie 7 brachte mich bis zum Hotel bzw. kurz davor, denn ich stieg eine Haltestelle früher aus, weil ich den gleichen Weg nicht zweimal gehen wollte. Im Hotel nahm ich mir mein Gepäck, setzte mich in die Lobby und surfte noch ein wenig im Internet. Ob ich nun hier saß oder am Flughafen, war eigentlich egal, aber hier gab es eine freie Steckdose und hier gab es Internet, was dann doch deutlich für das Hotel sprach. Um 16.30 Uhr war es soweit: Ich packte alles zusammen, verabschiedete mich und ging drei Blocks in Richtung Osten. Das hatte ich ja prima gemacht! 16.30 Uhr! Mitten in der Rush Hour! Dementsprechend voll waren die Züge und ich hatte meine große Sporttasche dabei. Aber es nützte nix, da mußte ich jetzt durch. Nach einer Stunde war ich am John F. Kennedy International Airport angekommen und konnte bereits einchecken. Vor mir standen nur zwei Frauen, so daß es flott zu gehen schien. Als die Damen gefragt wurden, zu wieviel Personen sie einchecken wollten und mit „Two“ antworteten, wandte sich die Dame, die die Frage gestellt hatte an mich. Ich sagte, daß ich alleine wäre und durfte mitkommen, wurde also den beiden Damen vorgezogen. Eben noch im Airtrain und jetzt schon am Check-In.

Die Dame am Schalter fragte nach meinem Paß und sprach mich in vollkommen korrekter Aussprache meines Namens an und fragte mich anschließend etwas, wovon ich jetzt nicht mehr sagen kann, was es war – und das auf deutsch! Ich meine, die Dame hatte nicht meine Hautfarbe! Gut, Amerikaner dürfen ja auch unsere Sprache lernen, aber es ist schon ungewöhnlich, wenn man in Amerika von einer Amerikanerin in seiner Muttersprache angesprochen wird. Im Anschluß ging ich ca. 50 Meter, bis ich zur Gepäckabgabe gelangte, die rechts vom Check-In lag. Dort muß man sein Gepäck abgeben und kann gehen. Man hat schon ein komisches Gefühl dabei, denn sonst sieht man ja, wie das Gepäck auf der Gepäckrutsche am Check-In verschwindet. Aber das hatte letztes Jahr geklappt, also wird’s dieses Jahr auch klappen. Außerdem machen die Menschen am Flughafen das ja öfter und werden wissen, was sie machen. Ich fuhr mit der Rolltreppe nach unten und bummelte an den Geschäften entlang. Ich entschied mich dazu, weil der Magen mittlerweile doch arg knurrte, mir ein Sandwich zu kaufen. Meine Wahl fiel auf ein BBQ-Chicken-Sandwich für $7,99. Aber dafür schmeckte das Ding wirklich sehr lecker. Mein letztes Mountain Dew hatte ich bereits vorher geleert.

Um 19 Uhr sollte man am Gate sein, so daß ich um 18.40 Uhr in Richtung Sicherheitskontrolle ging. Warum muß man in den U.S.A. eigentlich die Schuhe ausziehen und in Deutschland nicht? Diese Frage wird wohl erst einmal unbeantwortet bleiben. Dort klappte – wie sollte es auch anders sein – alles reibungslos und ich war im Sicherheitsbereich.

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