Blaustein 2012

Am Freitag mittag setzte sich der Troß aus zehn Spielern, einem Elternteil und den beiden Trainern in Bewegung, um nach Ulm zum Blausteiner Hallenpokal zu reisen. Im Vorfeld wurde ob der namhaften Gegner in der Gruppe (Mainz 05, Bayern München, 1. FC Nürnberg und FC Basel) bereits darüber spekuliert, daß man dort erwartungsgemäß hoffnungslos unterlegen sein würde. Man fuhr also die ca. 475 km in der Absicht, sich und den Verein gut zu verkaufen und vielleicht einen der großen Gegner ärgern zu können. Und diese Erwartungen wurden mehr als übertroffen. Was sich vor einer Woche beim Hallenturnier des SV Eitorf bereits andeutete, das man mit fast der identischen Truppe bestritt, fand am Samstag in Blaustein seine Fortsetzung.

Doch zunächst der Reihe nach. Nachdem man die Zimmer in der gemütlichen Pension Lindenmeir bezogen hatte, machte man sich zu Fuß auf den Weg zur Halle, wo man vom Veranstalter des wirklich überragend organisierten Turniers einen kleinen Imbiß gereicht bekam. Im Anschluß ging es zurück in die Pension, wo man den Abend gemeinsam bei einer DVD ausklingen ließ. Eine letzte Teambuildingmaßnahme vor dem Turnier. Ob das auch mit dazu beitrug, wie sich die Mannschaft am kommenden Tag präsentieren sollte, ist natürlich nicht belegbar. Zudem wurden die letzten taktischen Anweisungen als kleine Nachtlektüre verteilt, bevor Bettruhe herrschte.

Als am nächsten Morgen der Wecker klingelte, war die Vorfreude spürbar. Dem hervorragenden Frühstück folgte die Abfahrt zur Halle, wo man zunächst einmal von den anderen Vereinen wenig bis gar nicht beachtet wurde. Es hieß also, sich seinen Respekt zu verdienen. Die letzte taktische Besprechung fiel kurz aus, denn die Leistung der Vorwoche sprach bereits eine deutliche Sprache. Die Spieler hatten die taktischen Vorgaben zu 100% verinnerlicht, dort gab es also nichts mehr zu verbessern. Und die Vereinsnamen der Gegner sollten Motivation genug sein. Zunächst mußte man allerdings sieben lange Spiele warten, ehe man das erste Mal auf das Parkett durfte. Auf dem Weg in Richtung Spielfläche trafen die Spieler der beiden Mannschaften aufeinander, wobei der FSV Mainz 05 wohl nicht allzu viel mit dem Vereinsnamen “SC West Köln” anfangen konnte, denn sie titulierten die Kölner mit abfälligen Bemerkungen. Nach einer kurzen Vorstellung durch den Veranstalter wurde angepfiffen. Man merkte von Beginn an keinen Leistungsunterschied zwischen beiden Mannschaften, wobei es sogar wohl leichte Feldvorteile für die Domstädter gab, die in der zweiten Minute durch Kevin Ortmann in Führung gingen. Diese Führung währte vier Minuten, ehe ein Paß im Spielaufbau nicht in den Fuß gespielt wurde, sondern von der Bande unkontrollierbar absprang, was den Ausgleich für die Mainzer ermöglichte. Und kurz vor dem Ende der Spielzeit stellte ein Kölner seinen Gegenspieler zu spät, der ungehindert abziehen konnte, so daß das Spiel mit einem 1:2 aus Sicht der U15 des SC West endete. Das war zumindest schon mal ein erster kleiner Achtungserfolg, aber noch nicht richtig einzuordnen. Zwar sprach Trainer Udo Röbenack vor Turnierbeginn davon, sich gegen Mainz 05 durchaus Siegchancen auszurechnen, aber diese Chance war vertan. Im Nachhinein muß man sagen, daß es sich bei dieser Niederlage wirklich um eine äußerst unglückliche und vor allen Dingen auch absolut unverdiente Niederlage handelte. Der FC Basel gewann sein erstes Spiel locker 6:0 gegen Ermingen und die Bayern schlugen den 1. FC Nürnberg mit 3:1.

Im zweiten Spiel standen also beide Mannschaften bereits unter Zugzwang, als es zum Aufeinandertreffen zwischen dem 1. FC Nürnberg und dem SC West Köln kam. Auch hier bot sich den Zuschauern ein fast identisches Bild: Spielbestimmende Kölner, die früh in Führung gingen, diese wieder über vier Minuten halten konnten und dann wieder zwei vermeidbare Gegentore kassierten. Als man in der letzten Minute alles nach vorne warf, wurden diese Bemühungen belohnt, als David Cantero vier Sekunden vor dem Ende von rechts an den langen Pfosten flankte, wo Kevin Ortmann mit einem Flugkopfball ausglich. Verdutzte Nürnberger und schadenfrohe Zuschauer waren die Folge. Spätestens jetzt hatte man sich wohl ein kleines bißchen Respekt erarbeitet. Der RSV Ermingen gewann sein zweites Spiel gegen Mainz 05 mit 3:2 und die Bayern verloren derweil gegen starke Baseler mit 1:3.

Man war also gewarnt, als es im dritten Spiel gegen den deutschen Rekordmeister ging. Das Trainerteam verschwand kurz vor Spielbeginn mit der Mannschaft in den Katakomben, hielt eine kurze Ansprache und schwor das Team auf die kommenden zehn Minuten ein. Man stellte sich auf druckvolle Münchener ein, die aufgrund ihrer Niederlage im zweiten Spiel alles daran setzen würden, dieses Spiel unbedingt zu gewinnen. Aber die Kölner vertrauten auf ihre Stärken und nahmen ihr Herz in beide Hände. Der FC Bayern war zwar in der Tat sehr druckvoll, fand aber in der gut stehenden Mannschaft des SC West keine Anspielstationen, so daß oftmals aus Verzweiflung auf’s Tor geschossen wurde. Und wenn einmal ein Spieler durchkam und vor dem Gehäuse auftauchte, dann war Schlußmann Lukas Kemperdick zur Stelle, der nicht nur in diesem Spiel überragend hielt. Es dauerte fast fünf Minuten, ehe der Bann gebrochen war und der Rekordmeister in Führung ging. Danach bot sich das gleiche Bild: Gut stehende Kölner, die auf Konter lauerten und verzweifelte Bayern, die kein Mittel fanden, die Kölner ein zweites Mal zu bezwingen. Als diese ihrerseits ihre Offensivbemühungen ankurbelten, mußte man neidlos anerkennen, daß auch der FC Bayern einen sehr starken Keeper besaß, der bislang jegliche Schüsse entschärfen konnte. Eine Minute vor dem Ende sorgten die Kölner dann jedoch für mehr als ein Raunen auf der Tribüne, als ein Ball von der linken Seite in den Rückraum gespielt wurde, wo David Cantero aus vollem Lauf die freie Ecke des Tores anvisierte und den Ball unhaltbar in die Maschen donnerte und dem Keeper dabei nicht den Hauch einer Chance ließ. Ein Schuß Marke “Tor des Monats”, was vom Hallensprecher, der ihn ein “Schuß wie ein Strich” nannte, entsprechend kommentiert wurde. Bis zur Schlußsirene passierte nichts mehr und die Kölner verließen das Parkett unter Standing Ovations der zahlreichen Zuschauer. Es fehlte aber immer noch ein Sieg, um vielleicht doch als erste Mannschaft des SC West hier in Blaustein ins Viertelfinale einziehen zu können. Der FSV Mainz 05 verlor gegen den FC Basel im dritten Spiel mit 0:3 und der 1. FC Nürnberg bezwang den RSV Ermingen mit 2:1, so daß das kommende Spiel des SC West gegen den RSV Ermingen kein Spaziergang werden würde.

Zwischendurch gab es vom Veranstalter ein Mittagessen für die Mannschaft. Während dieser Zeit gesellte sich der Jugendleiter des TSV Blaustein an den Tisch des SC West Köln und lobte das Team in den höchsten Tönen (“Ihr habt ja eine richtig starke Truppe mitgebracht!”) und auch andere Zuschauer schauten mittlerweile anerkennend, wenn die Kölner in ihren Jerseys durch die Halle gingen. Die Mannschaft hatte sich durch das dritte Spiel den absoluten Respekt aller verdient und wollte sich nun endlich selber für ihre bis dato sehr starken Auftritte belohnen. In der Besprechung vor dem Spiel gegen den RSV Ermingen war deutlich erkennbar, daß die Spieler darauf brannten. Und als die Partie anfing, brannte der SC West Köln ein wahres Feuerwerk ab. Die Mannschaft, die bislang durch einen Sieg gegen Mainz 05 und eine wahrlich knappe Niederlage gegen Nürnberg ebenfalls ein Stück weit für Furore sorgte, wurde von Beginn an dominiert. Am Ende hieß es gleich 4:1 für die Kölner, die damit endlich den lang ersehnten ersten Dreier feiern konnten. Der FC Basel verlor (dummerweise) gegen den 1. FC Nürnberg 2:3 und der FC Bayern München schlug Mainz 05 mit 2:1.

Die Vorzeichen vor dem letzten Gruppenspiel waren damit klar: Da man den Spieltag eröffnete, mußte man in jedem Fall den FC Basel schlagen und auf Schützenhilfe des RSV Ermingen oder des FSV Mainz 05 hoffen. Ausgerechnet gegen Basel mußte also gewonnen werden – die Mannschaft, vor der die Spieler des SC West den meisten Respekt hatten. Zudem präsentierten sich die Schweizer in den ersten drei Spielen absolut überragend, ehe der Ausrutscher gegen den 1. FC Nürnberg folgte. Als sich das gesamte Team in der Kabine versammelte, war jedoch von Respekt oder gar Angst vor dem FC Basel nichts zu spüren. Es herrschte vielmehr der Glaube an die eigene Stärke vor. Das Motto lautete “Wenn wir die Baseler schlagen müssen, um noch eine Möglichkeit zu haben, dann machen wir das eben!”. Ganz nebenbei bemerkt: Wurden zu Turnierbeginn die Türen der Kabine von den anderen Mannschaften einfach offen stehen gelassen, wenn die Kölner ihre Besprechung abhalten wollten, humpelten mit zunehmender Turnierdauer sogar verletzte Spieler aus der Kabine, um eine ungestörte Besprechung zu ermöglichen. Doch zurück zum letzten Spiel. Auch die Schweizer kamen mit der Taktik der Kölner überhaupt nicht klar und fanden so gut wie keine Anspielstation und wenn es denn doch mal eine gab, war der überragende Lukas Kemperdick zur Stelle. In der Halle konnte man fömlich spüren, wie die Sympathien verteilt waren und jeder Zuschauer wollte dabei sein, wenn die vermeintliche Sensation des Underdogs gelingt. Ein Blick von der Trainerbank in Richtung Tribüne bestätigte das. Es war kein freier Platz mehr zu sehen und jedes Gesicht war dem Spielfeld zugewandt. Die anderen Mannschaften verfolgten das Geschehen sehr interessiert. Die Spannung war förmlich greifbar. Und vor dieser Kulisse suchten die Kölner die Entscheidung, doch zunächst wollte der Ball seinen Weg nicht ins Gehäuse der Baseler finden. Es dauerte bis zur letzten Spielminute, ehe der SC West Köln unter frenetischem Jubel der Zuschauer die hochverdiente Führung erzielen konnte. Und als das Spiel abgepfiffen war und die Spieler zwischen den Tribünen in Richtung Kabine gingen, mischten sich unter den tosenden Applaus etliche bewundernde Worte (“Glückwunsch”, “Ihr habt super gespielt”, “Klasse gespielt!” usw.). Leider reichte dieser Sieg dann letzten Endes doch nicht für den Einzug ins Viertelfinale, denn die erhoffte Schützenhilfe blieb aus, denn Ermingen ging 0:10 gegen Bayern München unter und der FSV Mainz verlor 1:2 gegen Nürnberg.

Man war also in der Vorrunde ausgeschieden, obwohl man nur einmal verlor – und das ausgerechnet gegen den Tabellenletzten aus Mainz, der im ganzen Turnier lediglich diese drei Punkte verbuchen konnte. Hätte man dieses Spiel gewonnen, bei dem man so lange in Führung lag, wäre man als Gruppensieger ins Viertelfinale eingezogen. Und hätte Nürnberg nicht – wie erwähnt – dummerweise gegen Basel gewonnen, wäre der Viertelfinaleinzig ebenfalls perfekt gewesen. Aber der Konjunktiv ist die Sprache der Verlierer und wenn die U15 des SC West Köln an diesem Tage eines nicht war, dann Verlierer! Ganz im Gegenteil: Mit begeisterndem Fußball und einer hervorragenden taktischen Ordnung, mit Engagement und Laufbereitschaft, mit Leidenschaft und Herz hatte man die Sympathien der anderen Zuschauer gewonnen. Von allen Seiten bekam die Mannschaft nur Lob zu hören. Bayern-Trainer Harald Cerny verabschiedete sich nach Turnierende mit den Worten “Stark gespielt” von Trainer Udo Röbenack und als das Trainerteam zum Turnierorganisator ging, um sich für die Einladung zu bedanken, sprach auch dieser noch einmal davon, wie gut die Mannschaft gespielt hätte und hoffte darauf, daß der SC West beim nächsten Mal wieder mit solch einer starken Truppe anreisen würde. Jugendgeschäftsführer Markus Forstbach konnte sich ebenfalls vor Ort ein eigenes Bild machen und machte im Nachhinein auch ein glückliches Gesicht.

Als das gesamte Team nach einer kleinen (gewollten) Odyssee durch Ulm wieder in der Pension ankam, waren die ersten Tränen bereits getrocknet. Einem Festmahl folgte eine abschließende Besprechung seitens des Trainerteams, ehe man gemeinsam die Nacht zum Tage machte. Trotz der ausgelassenen Stimmung war die Mannschaft jederzeit bedacht, ein anständiges Bild abzugeben, was am kommenden Morgen von der Pensionswirtin bestätigt wurde, die erfreut war, daß sich die Mannschaft so gut benommen hatte. Schön, wenn man einer Mannschaft vertrauen kann!

In der Nachbetrachtung muß man konstatieren, daß die U15 wohl wirklich ihr Ziel erreicht und den Namen des Vereins hervorragend verkauft hat. Das Trainerteam wollte zunächst einmal unisono seinen Dank an Jörg Schiller aussprechen: “Ohne ihn hätte die Tour nicht stattfinden können und wir hoffen, daß er die Fahrt nicht bereut hat.” Für Co-Trainer Thomas Dreßler war es eine sehr gute Fahrt: “Es waren drei Wahnsinnstage, für die ich den Jungs danken möchte. Mit harter Arbeit und viel Herz ist auch vieles möglich!” Auch Trainer Udo Röbenack zeigte sich in seinem Fazit mehr als zufrieden: “Ich möchte den zehn Spielern, die dabei waren, genauso für drei unvergeßliche Tage und die berauschende Leistung beim Turnier danken. Was die Jungs in Blaustein abgeliefert haben, war allererste Sahne – sowohl vom Sportlichen, als auch vom Zwischenmenschlichen. Ich bin wirklich zutiefst beeindruckt, was diese Spieler geleistet haben. Was hier in so kurzer Zeit entstanden ist, läßt sich nicht beschreiben, man muß es wohl erlebt haben. Und ich finde keine Worte dafür, wie stolz wir Trainer auf die Jungs sind. Das war eine Fahrt, die nur mit Superlativen zu beschreiben ist und die ich niemals in meinem Leben vergessen werde!”

Die Ergebnisse der U15:

SC West Köln – FSV Mainz 05 1:2
SC West Köln – 1. FC Nürnberg 2:2
SC West Köln – FC Bayern München 1:1
SC West Köln – RSV Ermingen 4:1
SC West Köln – FC Basel 1:0

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert